Volkswirte: Arbeitslosigkeit im Oktober weiter gesunken
Nürnberg (dpa) - Dank des jährlichen Herbstaufschwungs dürfte sich die Situation auf dem deutschen Arbeitsmarkt im Oktober weiter verbessert haben.
Nach wie vor sei der Jobmarkt in guter Verfassung, berichteten Volkswirte deutscher Großbanken in einer Umfrage der Deutschen Presse-Agentur. Daher werde die Zahl der Erwerbslosen voraussichtlich bei etwa 2,66 Millionen liegen. Das wären rund 70 000 weniger als im Vorjahr.
Doch die Zeiten stagnierender oder gar sinkender Arbeitslosigkeit gehen nach Einschätzung der Experten allmählich zu Ende. „Ein paar Bremseffekte werden in den nächsten Monaten zu sehen sein“, sagte etwa Stefan Kipar von der Bayerischen Landesbank.
Für das kommende Jahr rechnen die meisten Volkswirte mit leicht steigenden Arbeitslosenzahlen. Sie führen dies auf die Konjunkturabkühlung in Schwellenländern wie etwa in China zurück, aber auch auf die große Zahl von Flüchtlingen, die nicht sofort in den deutschen Arbeitsmarkt integriert werden könnten. Auch der VW-Abgas-Skandal könnte den Jobmarkt treffen, befürchten einzelne Volkswirte.
Nach ihrer Anerkennung werden sich viele Flüchtlinge zunächst arbeitslos melden, sind sich die Experten einig. Denn für viele sind mangelnde Deutschkenntnisse und fehlende Qualifikationen ein Problem. „Dies wird dazu führen, dass die Arbeitslosigkeit im Jahresdurchschnitt über der von 2015 liegen wird“, sagte Eckart Tuchtfeld von der Commerzbank. Während die Volkswirte für dieses Jahr von einer durchschnittlichen Arbeitslosigkeit von 2,8 Millionen ausgehen, könne diese Zahl 2016 auf 2,9 Millionen steigen.
Die Integration der Zuwanderer in den Arbeitsmarkt werde zudem Jahre dauern, sagte Allianz-Volkswirt Rolf Schneider. „Das ist ein sehr langer Prozess, der da ansteht - auch, weil die Anerkennung als Asylbewerber sich bei vielen sehr stark verzögert.“
Laut einer Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) und des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) können nur knapp zehn Prozent der anerkannten Flüchtlinge im erwerbsfähigen Alter sofort eine Arbeit in Deutschland aufnehmen. Erst nach vier Jahren steigt der Anteil auf annähernd 50 Prozent. Nach 14 Jahren sind demnach drei Viertel der Zuwanderer in den Arbeitsmarkt integriert. Stefan Kipar betont dennoch: „Das kann der deutsche Arbeitsmarkt stemmen. Es ist eine Herausforderung, aber schaffbar.“
Die meisten Experten glauben nicht, dass der Abgas-Skandal große negative volkswirtschaftliche Auswirkungen haben wird. „Den VW-Effekt wird man sehen, aber das wird kein sehr starker Effekt sein“, sagte etwa Kipar. Vorstellbar sei, dass zunächst Neueinstellungen gestoppt werden, etwa bei VW selbst oder bei Zulieferern. Heiko Peters von der Deutschen Bank sagte, durch den Rückruf könnte es zunächst sogar mehr Arbeit geben. Gefährlich werde es erst dann, wenn deutsche Produkte insgesamt infrage gestellt würden. „Das halten wir aber für relativ unwahrscheinlich.“
Mehr Sorgen macht den Experten die Entwicklung in Schwellenländern - allen voran in China. „Das internationale Umfeld ist eine Belastung. Das wird sich nächstes Jahr auch auf dem Arbeitsmarkt zeigen“, sagte Michael Holstein von der DZ-Bank. Auch Tuchtfeld sagte: „Die Abkühlung ist im Gange und Schleifspuren sind auch in Deutschland zu erkennen.“ Der Abbau der Erwerbslosigkeit werde dadurch nicht mehr so schnell vonstattengehen wie zuletzt.
Der Rückgang der Arbeitslosenzahl im Oktober geht vor allem auf den üblichen Herbstaufschwung zurück. Nach den Sommerferien stellen viele Firmen wieder verstärkt Mitarbeiter ein. Auch Ausbildungsabsolventen finden nach vorübergehender Arbeitslosigkeit einen Job. Die offiziellen Erwerbslosenzahlen will die Bundesagentur für Arbeit am Donnerstag (29. Oktober) veröffentlichen.