VW verzichtet auf Durchmarsch im MAN-Aufsichtsrat

München (dpa) - Die EU tritt bei der von Volkswagen gewünschten Lastwagen-Allianz zwischen Scania und MAN auf die Bremse.

Der Wolfsburger Autobauer verzichtete nach einem Hinweis aus Brüssel überraschend auf die Wahl von Volkswagen-Chef Martin Winterkorn, Nutzfahrzeugvorstand Jochem Heizmann und Finanzvorstand Hans Dieter Pötsch in den Aufsichtsrat von MAN. Damit schaltet VW bei der Machtübernahme bei dem Münchner Lastwagenbauer einen Gang zurück.

An den Plänen für ein gemeinsames Lkw-Geschäft aus MAN und Scania unter dem Dach von VW ändere dies aber nichts, betonte MAN- und VW-Chefaufseher Ferdinand Piëch am Montag auf der MAN-Hauptversammlung in München. Die EU-Kommission habe aus kartellrechtlichen Überlegungen Bedenken gegen die Kandidatur der drei Manager geäußert, weil alle drei auch im Aufsichtsrat der schwedischen VW-Tochter Scania sitzen.

Der unerwartete Schritt nahm auch der Kritik der Anteilseigner viel Wind aus den Segeln. Die Brüsseler Wettbewerbshüter hatten VW empfohlen, dass die drei Kandidaten ihre Posten erst nach der kartellrechtlichen Genehmigung der Übernahme einnehmen, erklärte Piëch. Daraufhin sei ihre Kandidatur hinfällig geworden, und sie stünden bis zur Freigabe des Fusionsvorhabens durch die EU-Kommission nicht zur Verfügung.

Damit bliebe auch das bisherige Machtverhältnis mit drei VW-Managern unter den acht Vertretern der Anteilseigner bestehen. Dass Volkswagen in dieser Frage dem Hinweis der EU-Kommission folgt, zeigt, dass die kartellrechtliche Genehmigung in keiner Weise gefährdet werden soll.

Nach Meinung von Branchenbeobachtern war die Prüfung einer möglichen späteren Fusion der beiden Unternehmen MAN und Scania das Hauptmotiv für das im Mai ausgelöste Pflichtangebot. Anschließend könnte Volkswagen am Markt weitere Aktien zukaufen. Branchenexperten rechnen damit, dass am Ende eine vollständige Kontrolle von MAN durch VW stehen wird.

Grundsätzlich begrüßt MAN ein engeres Zusammenrücken mit dem Konkurrenten Scania. „Von dieser industriellen Logik sind MAN, VW und Scania überzeugt und dafür sind wir auch die richtigen Partner“, sagte MAN-Chef Georg Pachta-Reyhofen. Eine Zusammenarbeit der drei Konzerne biete allen Beteiligten Vorteile und werde die Wettbewerbsfähigkeit der Partner stärken. „Um die Potenziale der Globalisierung und des technologischen Wandels zu nutzen, sollten wir uns nicht für einen Alleingang entscheiden“, sagte der MAN-Chef. Wie die Allianz im Detail aussehen wird, ist aber noch nicht bekannt.

Formell lehnt MAN das Übernahmeangebot von 95 Euro je Aktie jedoch als zu niedrig ab. Volkswagen strebt zunächst eine Aufstockung der Beteiligung von über 30 Prozent auf 35 bis 40 Prozent an, um sich angesichts der üblichen Präsenz bei Aktionärstreffen die Mehrheit auf Hauptversammlungen zu sichern. Bislang wurden aber nur gut ein Prozent der Stammaktien angedient. Der bisherige Verlauf des Pflichtangebots entspreche den Erwartungen, teilte VW mit. Die Angebotsfrist läuft noch bis Mittwoch.

Pachta-Reyhofen betonte, MAN bleibe mit allen Geschäftsfeldern, Marken, Standorten und Arbeitsplätzen erhalten. „Alles andere würde auch keinen Sinn machen“, sagte er. Es gebe auch keine Pläne, MAN etwa von der Börse zu nehmen.

Vor allem mit dem Rückzug der Kandidaten hatte sich der Großteil der Kritik der Kleinaktionäre erledigt. So wollte etwa die Deutsche Schutzgemeinschaft für Wertpapierbesitz die Wahl der drei Manager verhindern. Auch andere Aktionärsvertreter hatten angekündigt, die VW-Vertreter nicht zu unterstützen.