Der komplizierte Konflikt Warum bei der Lufthansa schon wieder ein Streik droht

Frankfurt/Main · Die Lufthansa wird besonders häufig mit Streiks bedroht. Das hängt damit zusammen, dass im Konzern drei verschiedene Gewerkschaften die Interessen einzelner Berufsgruppen verfolgen. Dazu kommt hausgemachter Ärger.

Foto: dpa/Matthias Balk

Die Lufthansa kommt auch zwischen den Feiertagen nicht zur Ruhe. Die Flugbegleitergewerkschaft Ufo hat ab Montag einen dreitägigen Streik bei der Tochtergesellschaft Germanwings angekündigt. Zuvor hatten die tief zerstrittenen Parteien versucht, mit Hilfe der prominenten Schlichter Matthias Platzeck und Frank-Jürgen Weise zumindest einen Fahrplan für die anstehenden Schlichtungsgespräche zu vereinbaren. Die Ufo sieht diesen Versuch als gescheitert an.

Der komplizierte Konflikt mit einer zerstrittenen Gewerkschaft:

Für die Ufo besteht eigentlich eine Friedenspflicht. Dieses Streikverbot erstreckt sich allerdings nur auf einen kleinen Teil der Ufo-Forderungen bei der Kerngesellschaft Lufthansa, die sogenannte „kleine Schlichtung“. Konkret sind das neben einer Lohnsteigerung um 2 Prozent noch höhere Spesen und Zulagen sowie eine Regelung für Saisonkräfte, damit diese einfacher in reguläre Angestelltenverhältnisse wechseln können. Die Gewerkschaft könnte bei vier weiteren Flugbetrieben des Konzerns zum Streik aufrufen oder für neue Tarifforderungen auch bei der Lufthansa-Kerngesellschaft. Das ist nun erst mal ausschließlich für die Tochter Germanwings mit rund 30 Flugzeugen geschehen. Weitere Streiks will Ufo erst nach dem 2. Januar verkünden.

In dem Konflikt hat es bereits einen Warnstreik bei vier Lufthansa-Töchtern sowie im November einen zweitägigen Streik bei der Kerngesellschaft Lufthansa gegeben. Hier waren rund 1500 Flüge mit rund 200 000 betroffenen Passagieren ausgefallen. Das war nicht selbstverständlich, denn die Gewerkschaft hatte sich in den Monaten zuvor in internen Kämpfen selbst geschwächt. Mehrere Vorstandsmitglieder waren zurückgetreten und hatten sich gegenseitig mit Untreue-Vorwürfen überzogen, was auch zu staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen geführt hat, die noch andauern.

Die Rolle der Schlichter:

Streng genommen sind Matthias Platzeck und Frank-Jürgen Weise lediglich für die bereits geschilderte „kleine Schlichtung“ zuständig. Lufthansa und Ufo haben aber betont, dass sie eine Vielzahl weiterer Themen mit in die Gespräche aufnehmen wollen, die in den vergangenen Jahren liegengeblieben sind. Dazu werden jetzt Vorverhandlungen geführt. Laut Lufthansa liegt die Vereinbarung zu dieser „großen Schlichtung“ unterschriftsreif vor. Die Schlichter haben sich nach Aussagen mehrerer Beteiligter persönlich sehr engagiert, die Streithähne zur größeren Themenliste an einen Tisch zu bringen. Auch über die Feiertage sollen noch Gespräche gelaufen sein. Für den Januar haben die Schlichter einen dritten Gesprächstermin angeboten.

Das grundsätzliche Problem des Konflikts:

Es fehlt insgesamt wohl am gegenseitigen Vertrauen. Die Lufthansa hat die Ufo, mit der sie seit 2002 Tarifverträge geschlossen hat, in den vergangenen Monaten extrem hart bekämpft und sogar die Gewerkschaftseigenschaft infrage gestellt. Der Konflikt fußt im Jahr 2015, als der damalige Ufo-Chef Nicoley Baublies die bis dahin eher zahmen Flugbegleiter in den längsten Streik der Lufthansa-Geschichte geführt hat. Erst nach einer komplizierten Schlichtung unter Matthias Platzeck wurden 2016 neue, für die alteingesessenen Flugbegleiter recht vorteilhafte Tarifverträge geschlossen.

Gerüchteweise soll es seit dem Konflikt die Vorgabe aus dem Aufsichtsrat geben, dass Baublies das Unternehmen verlassen müsse. Dem 47-Jährigen wurde mehrfach gekündigt, es wurden angeblich überzahlte Bezüge zurückverlangt, und sogar einem Drogentest musste sich der einstige Kabinenchef (Purser) unterziehen. Die Gewerkschaft verlangt eine Aufarbeitung des Konflikts und die Rücknahme mehrerer Klagen auch gegen die beiden aktuellen Vorsitzenden der Ufo, Sylvia de la Cruz und Daniel Flohr. „Hier wird offensichtlich ein Arbeitskampf missbraucht, um persönliche und finanzielle Interessen des Vorstandsbeauftragten der Gewerkschaft durchzusetzen, kritisierte Lufthansa-Vorstand Detlef Kayser in Richtung Baublies. Die Lufthansa ist lediglich zu einem separaten richterlichen Güteverfahren bereit, das parallel zur Schlichtung laufen könnte.

Der Überlebenskampf von Ufo:

Letztlich geht es der Spartengewerkschaft ums eigene Überleben. In der später widerrufenen Vereinbarung zur großen Schlichtung vom November hatte die damalige Lufthansa-Personalvorständin Bettina Volkens die Ufo als Mehrheitsgewerkschaft bei den rund 21 000 Flugbegleitern der Lufthansa Classic anerkannt. Die Belange der zweiten Gewerkschaft Verdi sollten geachtet werden. Die Ufo fürchtet allerdings, dass sich Lufthansa in Zukunft stärker an Verdi halten könnte, die ihr bereits bei der Tochter Eurowings heftige Konkurrenz macht. Volkens wurde zwischenzeitlich abgelöst.

(dpa)