Weber begründet Rückzug: Isoliert in Euro-Krise

Berlin (dpa) - Der scheidende Bundesbank-Präsident Axel Weber hat seinen überraschenden Verzicht auf die EZB-Kandidatur mit fehlender Unterstützung im Kreis der Euro-Partner begründet.

In seinem ersten Interview nach der Rücktrittsankündigung sagte Weber dem „Spiegel“, der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB) habe eine Sonderrolle: „Wenn er jedoch zu wichtigen Fragen eine Minderheitsmeinung vertritt, leidet die Glaubwürdigkeit dieses Amts.“ Weber hatte sich mit Kritik am Kurs der europäischen Währungshüter zunehmend isoliert. Die SPD brachte Ex-Finanzminister Peer Steinbrück als neuen deutschen Kandidaten für die EZB-Spitze ins Spiel.

Weber betonte, Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sei über seinen möglichen Verzicht schon länger im Bilde gewesen. Im Herbst habe er angedeutet, dass für ihn mehrere berufliche Optionen bestehen. „Wichtig war mir, frei zu entscheiden, was ich machen werde“. Die EZB-Kandidatur sei mit Merkel noch nicht verbindlich abgesprochen gewesen. „Ich habe ihr im Januar signalisiert, dass ich für Paketlösungen im Sinne einer Verknüpfung von Sach- und Personalthemen nicht zur Verfügung stehe.“

Zu hartnäckigen Gerüchten, er wolle zur Deutschen Bank wechseln, äußerte sich Weber nicht. „Solange ich im Amt bin, führe ich keine Gespräche über meine berufliche Zukunft. Mit niemandem.“ Nach dem Ausscheiden bei der Bundesbank zum 30. April werde er sich eine Pause gönnen. „Ich möchte nicht vor dem nächsten Jahr irgendeine Tätigkeit aufnehmen.“ Nach Informationen des „Tagesspiegels“ (Sonntag) will der Wirtschaftsprofessor später wieder an der Universität Köln aktiv werden.

Die Bundesregierung arbeitet unterdessen mit Hochdruck an einer Nachfolgelösung für die Bundesbank. Kanzleramt, Finanz- und Wirtschaftsministerium prüfen verschiedene Szenarien und wollen in den nächsten Tagen eine Entscheidung verkünden. Nach dpa-Informationen könnte der derzeitige Vize Franz-Christoph Zeitler für eine Übergangszeit die Bundesbank führen.

Merkels Wirtschaftsberater Jens Weidmann könnte im Sommer in den Vorstand wechseln und später Präsident werden. Weber machte sich in dem Interview ungewöhnlich deutlich für den 42-Jährigen stark, der einst sein Student war. „Jetzt ist es Zeit, jüngere Kräfte ranzulassen.“ Weidmann sei „ein hervorragender Ökonom“ und „ein absoluter Profi“. Ihm zu viel Nähe zur Politik vorzuwerfen, sei nicht gerechtfertigt. Nach Angaben aus Koalitionskreisen hat Merkel sich aber noch nicht entschieden, Weidmann ziehen zu lassen.

Der amtierende französische EZB-Chef Jean-Claude Trichet hört im Herbst auf. Weber galt lange Zeit als Favorit für die Nachfolge. Er habe bei einigen Entscheidungen in den vergangenen zwölf Monaten klar Stellung bezogen - darunter mit seiner deutlichen Kritik am Ankauf von Staatsanleihen aus Euro-Krisenländern durch die EZB.

„Die Positionen mögen für die Akzeptanz meiner Person bei einigen Regierungen nicht immer förderlich gewesen sein“, sagte Weber. Seither sei seine Überzeugung gereift, dass er das Amt des EZB-Präsidenten nicht anstrebe. Weber wies Sorgen zurück, die EZB setze die Stabilität des Euro aufs Spiel. „Die EZB ist eine Zentralbank mit einer klaren Anti-Inflationshaltung. Daran wird sich auch nichts ändern - unabhängig von Personen.“

SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier schlug seinen Parteifreund Steinbrück als möglichen EZB-Chef vor. „Wer ernsthaft an einer deutschen Kandidatur für den EZB-Präsidenten festhalten will, wird an einer international so ausgewiesenen Figur der Finanzpolitik wie Steinbrück kaum vorbeikommen“, sagte Steinmeier „Spiegel Online“. Chancen werden auch dem deutschen Chef des Euro-Rettungsschirms, Klaus Regling, eingeräumt.

CSU-Chef Horst Seehofer sorgt sich nach Webers Rückzug um die Stabilitätskultur in Deutschland und Europa. „Eine stabile Währung ist sozusagen die Lebensversicherung für die kleinen Leute.“ Der FDP-Finanzexperte Volker Wissing forderte Merkel auf, nicht vorschnell den deutschen Anspruch auf die EZB-Spitze aufzugeben. Axel Weber sieht das gelassen: „Welche Nation letztlich den Präsidenten stellt, ist nicht so wichtig.“