Arndt G. Kirchhoff Wirtschaft setzt Politik unter Druck
NRW-Unternehmerpräsident Kirchhoff fordert bessere Bedingungen, damit an Rhein und Ruhr wieder mehr investiert wird.
Düsseldorf. Wenn die NRW-Unternehmensverbände beim Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln ein Gutachten zur Lage der Ökonomie an Rhein und Ruhr bestellen, ist ziemlich klar, was sie bekommen — ein düsteres Bild. Denn das IW steht in dem Ruf, den Interessen der Betriebe nah zu stehen. Insofern hatte NRW-Unternehmerpräsident Arndt G. Kirchhoff am Donnerstag bei seinem Auftritt in Düsseldorf genau jene Vorlage, die er wollte.
Im Vergleich mit den anderen Bundesländern sieht NRW ohne Zweifel alt aus. Ob Arbeitslosigkeit, Schuldenstand oder Investitionsquote — das Land an Rhein und Ruhr schneidet schlecht ab. 2015 war es ganz schlimm. Mit einem Nullwachstum lag NRW im Länderranking auf dem letzten Platz. 2016 sieht es etwas besser aus. Zwischen Januar und Juni legte die Wirtschaft um 2,1 Prozent zu. Aber: Den bundesweiten Schnitt von 2,3 Prozent erreichte NRW immer noch nicht. Der Abstand zum Rest der Republik nimmt also weiter zu. Außerdem ist die Industrieproduktion in diesem Jahr weiter rückläufig.
„Nordrhein-Westfalen muss auf Sieg spielen“, forderte Kirchhoff. Mit Blick auf die Landtagswahlen im nächsten Jahr erwartet er von den Parteien klare Konzepte, wie die Aufholjagd aussehen soll. „Ich kann die alte Platte von der strukturellen Benachteiligung nicht mehr hören“, so der Firmenvertreter. NRW habe das Potenzial, vorne zu landen.
Wo es hakt, zeigen jene Zahlen, die Hubertus Bardt vom IW-Institut vorlegte. Beispiel Verschuldung: Obwohl das seit 2010 von Rot-Grün regierte Land über Steuereinnahmen in Rekordhöhe verfügt, gelingt es der Regierung nicht, ohne neue Schulden auszukommen. 2016 müssen am Kapitalmarkt rund zwei Milliarden Euro aufgenommen werden. „Diese Neuverschuldung ist fast genauso hoch wie bei allen anderen Bundesländern zusammen“, sagte Bardt.
Obwohl dank hoher Steuereinnahmen und wachsender Schulden reichlich Geld zur Verfügung steht, bemängelt Bardt die „viel zu geringen öffentlichen Investitionen“. Laut IW wurden 2015 in den Haushalten von Land und Kommunen nur 10,1 Prozent für Investitionen aufgewendet. Im Bundesschnitt waren es 11,9 Prozent. „Dadurch baut sich ein immer größer werdender Investitionsstau auf.“
Beispiel Verkehrsinfrastruktur: NRW will für den Erhalt der Landesstraßen 2016 mit 115 Millionen Euro zwar so viel ausgeben wie nie zuvor. Laut Straßenverwaltung wären aber 195 Millionen Euro notwendig, um die Qualität zu erhalten. „Die Politik der Unterfinanzierung wird damit fortgesetzt“, heißt es im IW-Gutachten.
Beispiel Bildung: Laut der Studie ist NRW bei der Betreuungsrelation an Schulen und Hochschulen Schlusslicht in Deutschland. Das Land gibt je Schüler rund 800 Euro weniger im Jahr aus als die Länder im Durchschnitt. An den Hochschulen sieht es nicht besser aus. Während in NRW auf einen Professor 77 Studierende kommen, liegt der Wert im Bundesdurchschnitt bei 59. Zudem besteht bei der U3-Betreuung Nachholbedarf: Während in NRW jedes vierte Kind unter drei eine Kita besucht, ist es im Bundesdurchschnitt jedes dritte Kind.