Wohl wenig Chancen für Klagen gegen Porsche
Braunschweig (dpa) - Vier Jahre nach der Übernahmeschlacht zwischen Porsche und VW hat das Landgericht Braunschweig in einer ersten Verhandlung über teils milliardenschwere Schadenersatz- Forderungen die Erwartungen der Kläger gedämpft.
Zwar traf die Kammer am Mittwoch noch keine Entscheidung zu den Anschuldigungen eines Privatanlegers und einer Schweizer Investment-Gesellschaft, die Porsche-Holding Porsche SE (PSE) habe ihre Absicht einer VW-Übernahme damals verheimlicht und so massive Verluste bei Aktien- und Optionsgeschäften ausgelöst. „Es könnte aber schwierig werden, die Begründung so festzumachen, dass sich daraus ein Anspruch ergibt“, sagte der Vorsitzende Richter Stefan Puhle.
Strittig sei außerdem die Frage, ob sich aus den kritisierten Pressemitteilungen der PSE aus dem März und Oktober 2008 eine „sittenwidrige Schädigung“ der Kläger ableiten lasse. Das Verfahren wurde auf den 19. September vertagt. Ob dann bereits auch ein abschließendes Urteil ansteht, ließ Puhle zunächst offen.
Das juristische Nachspiel um den beispiellosen Übernahmekampf, bei dem Porsche versuchte, den viel größeren Autobauer VW zu schlucken, trat mit dem Braunschweiger Prozessauftakt in die heiße Phase ein. Bei den ersten zwei von insgesamt fünf Investorenklagen verlangen der Anleger Ariel Cukierman und der Schweizer Finanzhändler MyCapital insgesamt rund 4,7 Millionen Euro. Die Klagen richten sich im ersten Fall gegen die PSE und die Frankfurter Maple-Bank, im zweiten Fall nur gegen die PSE. Hier wurde schon in der Hauptsache verhandelt.
Weil die Anwälte beider Seiten jedoch weitere Erkenntnisse in ihre Schriftsätze einfügen wollen, vertagte Puhle einen Beschluss auf den Spätsommer. Mit Blick auf die Forderungen Cukiermans sagte er, eine Porsche-Mitteilung vom Oktober 2008, in dem die zunächst verneinte VW-Übernahme dann doch angekündigt wurde, sei irrelevant: „Alles, was nach Anfang Oktober geschah, ist hier ohne Bedeutung.“ Der Kläger argumentiert, ihm seien durch Falschinformationen Gewinne entgangen.
In zwei weiteren Verfahren, bei denen die Klagesumme über 2,1 Milliarden Euro beträgt und zum Teil auch die Volkswagen AG betroffen ist, traf das Gericht am Mittwoch nur eine formale Regelung: Der im Auftrag von 72 Großinvestoren klagende Kapitalmarktrechtler Franz Braun hinterlegte die nötige Sicherheit für die Prozesskosten - insgesamt beträgt die Summe einschließlich Gerichtskosten mehr als 1,3 Millionen Euro. Für eine fünfte Klage von Investmentfonds im Volumen von knapp 2 Milliarden Euro gibt es noch keinen Termin.
Volkswagen hatte am Ende des Autokrimis 2009 den Spieß umgedreht, Porsche blieb auf immensen Schulden sitzen. Wegen der Risiken, die auch aufgrund weiterer Klagen in den USA auf der PSE lasten, hatten die Wolfsburger die eigentlich geplante Fusion mit den Stuttgartern im vergangenen Jahr abgesagt. Nun werden sie die restlichen Anteile am operativen Sportwagengeschäft der Porsche AG wohl direkt kaufen.
Braun äußerte sich nach der Verhandlung kritisch zum Gericht: „Wir sind nicht wirklich zufrieden.“ Es sei bisher nicht gelungen, die Kammer von den Details der damaligen Börsengeschäfte zu überzeugen. Sie seien „nicht per se Spekulation“ gewesen. Er habe Informationen, wonach im Frühjahr 2008 auch in der niedersächsischen Staatskanzlei bekanntgewesen sei, dass Porsche VW mittelfristig übernehmen wollte.
„Unter Umständen muss man auch die Herren Wulff, Wiedeking und Piëch einvernehmen“, meinte Braun zum möglichen Fortgang des Verfahrens in einer höheren Instanz. Ob der frühere Ministerpräsident des VW-Großaktionärs Niedersachsen, der Ex-Lenker von Porsche und der VW-Patriarch persönlich befragt werden, ist allerdings ungewiss.
Porsche-Chefjurist Guido Peters zeigte sich zum Prozessauftakt optimistisch: „Der heutige Tag ist ein Schritt in die richtige Richtung. Wir sehen uns in unserer Rechtsauffassung bestätigt. Es ist Fakt, dass wir keine Aktienkurse manipuliert haben.“