Zeitenwende bei VW

Freiwillig hat Martin Winterkorn seinen Posten als Vorstandschef des VW-Konzerns nicht verlassen. Da bedurfte es erst einer Krisensitzung der obersten VW-Kontrolleure, um den einst mächtigsten Automanager der Welt zum Rücktritt zu bewegen.

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Mit diesem Abgang hat der 68-Jährige dem Diesel-Skandal ein weiteres, unrühmliches Kapitel hinzugefügt. Seine Videobotschaft am Dienstag mit Entschuldigung und Durchhalteparolen hätte er sich besser gespart — und direkt einen Schlussstrich gezogen.

Selbst gestern keine Spur von Einsicht: Er sei sich keines Fehlverhaltens bewusst, ließ er erklären. Dies offenbart eine befremdliche Sicht auf das Fiasko. Der Weg für einen Neuanfang bei Volkswagen ist geebnet — weitere Verantwortliche werden ihren Hut noch nehmen müssen. Dann beginnt der schwierige Teil. Der Konzern steht vor einer Zeitenwende. Er braucht neben einer umfassenden Aufklärung und Aufarbeitung der Verfehlungen eine neue Kultur. Das Klima, das ein solches Fehlverhalten und einen solchen Betrug überhaupt ermöglicht hat, zu verändern, ist eine Mammutaufgabe.


Der neue Konzernchef — aber auch die Aktionäre — werden einen enorm langen Atem benötigen, bis sich VW von diesem tiefen Fall und diesem Vertrauensverlust auch nur annähernd erholt hat. Mit Image, technischem Vorsprung und deutscher Qualitätsarbeit kann der Konzern nicht mehr punkten. Zudem hat der Autobauer viele operative Baustellen. Der US-Absatz fällt bis auf Weiteres aus. Das wichtige China-Geschäft schwächelt enorm, ebenso die Märkte in Russland und Brasilien. Der Skandal wird den VW-Konzern für immer verändern.