Meinung Geht es Winterkorn wirklich an den Kragen?

Düsseldorf. Fast drei Jahre sind seit Bekanntwerden des VW-Skandals vergangen. Unstrittig ist, dass der Konzern in weltweit rund elf Millionen Autos Betrugssoftware eingebaut hat. Martin Winterkorn, damals an der Spitze des Unternehmens, will nichts von dem illegalen Treiben gewusst haben.

Ein Kommentar von Rolf Eckers.

Foto: Sergej Lepke

Glaubhaft war das nie. Dass der detailbessene Chef das nicht mitbekommt, widerspricht jeder Lebenserfahrung. Etliche Millionen warf der Konzern ihm bei seinem vorzeitigen Abtritt hinterher. Hinzu kommen Pensionszahlungen von 3100 Euro — am Tag. Bisher hat der Konzern nicht einen Cent Schadenersatz von Winterkorn gefordert.

Dabei ist der Schaden beträchtlich. Mehr als 25 Milliarden Euro haben die Manipulationen VW bisher gekostet. Das Geld floss fast ausschließlich in die USA, wo VW anders als hierzulande hohe Entschädigungen an die Autofahrer zahlen musste. Und die US-Ermittler sind sicher, dass Winterkorn frühzeitig von dem Betrug wusste und entschieden hat, daran festzuhalten. Ein Haftbefehl der US-Justiz gegen den einst so mächtigen Manager liegt vor. Für eine Auslieferung fehlt aber die rechtliche Grundlage.

Ob Winterkorn auch in Deutschland wegen Betrugs angeklagt wird, bleibt abzuwarten. Angeblich stehen die Ermittlungen gegen ihn und 38 weitere Beschuldigte kurz vor dem Abschluss. Die Erfahrung lehrt, dass Winterkorn & Co. wenig zu befürchten haben. Unternehmenslenker vernichten in Deutschland zwar regelmäßig Milliarden, in Haft kommen sie aber fast nie. Thomas Middelhoff gehört zu den ganz wenigen Ausnahmen.

Ein Kommentar von Rolf Eckers. Foto: Sergej Lepke

Vielleicht geht es Winterkorn aber finanziell an den Kragen, weil er seine Pflichten als Vorstandschef fahrlässig verletzt haben könnte. Das ist zwar offensichtlich der Fall, aber VW prüft den Sachverhalt weiter. Bereits 2015 gab es vom Präsidium des VW-Aufsichtsrates einen Persilschein für Winterkorn. Er habe keine Kenntnis von den Manipulationen gehabt. Gut möglich, dass der Wolfsburger Konzern den einstigen Chef auch künftig nicht in die Haftung nimmt. Den Schaden haben hierzulande dann weiter nur jene Dieselfahrer, deren Autos an Wert verlieren und von Fahrverboten in Städten bedroht sind.

Und die weiter vergeblich darauf warten, dass die Politik einen Weg findet, Hardware-Nachrüstungen für Millionen von Diesel-Pkw zu ermöglichen, die die Luft sauberer machen und eben nicht von den Autofahrern bezahlt werden müssen.