Zentralbanker schließen Zerbrechen der Euro-Zone aus
Berlin (dpa) - Keine Zweifel an der Zukunft des Euro: Trotz Schuldenkrise und Unsicherheit an den Finanzmärkten schließen führende Zentralbanker ein Auseinanderbrechen des Währungsraumes aus.
Bundesbankchef Axel Weber sagte am Donnerstag in Berlin, im äußersten Notfall könne der 750 Milliarden Euro schwere Rettungsschirm aufgestockt werden. Auch Bundesbank-Vize Franz-Christoph Zeitler geht davon aus, „dass der europäische Rettungsschirm die Erwartungen voll erfüllen kann“. Der Chef des Euro-Rettungsfonds, Klaus Regling, sagte der „Bild“-Zeitung (Donnerstag): „Dass der Euro scheitert, ist unvorstellbar.“
Mit den Rettungspaketen für Griechenland (110 Milliarden Euro) und andere Euro-Länder (750 Milliarden Euro) sowie dem Kauf von Staatsanleihen stünden öffentliche Hilfen von insgesamt 925 Milliarden Euro bereit, sagte Weber. Dem stünden Maximalausfälle von 1070 Milliarden Euro gegenüber. Wegen einer solchen Differenz aber werde der Euro nicht scheitern. Zu Spekulationen über eine mögliche Verdopplung des Fonds sagte ein Sprecher der EU-Kommission: „Das ist absolut falsch“.
Regling betonte in der „Bild“, der Rettungsschirm sei groß genug für alle. Er glaube auf keinen Fall, dass auch Italien oder Frankreich bedroht seien. Im Sog der Irland-Krise waren Portugal und Spanien auf den internationalen Finanzmärkten ebenfalls massiv unter Druck geraten.
Irland, das die EU jetzt offiziell um Hilfe bat, will 85 Milliarden Euro aus dem Rettungsfonds aufnehmen. Zugleich müssen sich die Iren auf ein drastisches Sparprogramm einstellen, das binnen vier Jahren 15 Milliarden Euro einbringen soll. Der Fonds steht bis Mitte 2013 zur Verfügung, danach soll eine neue Regelung - ein dauerhafter „Krisenmechanismus“ - an seine Stelle treten.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bekräftigte trotz der Turbulenzen an den Märkten ihre Pläne für einen solchen Mechanismus. Sie stellte zugleich klar, dass die angestrebte Beteiligung privater Geldgeber an der Sanierung eines Schuldenstaates erst nach 2013 greifen solle. An den aktuellen Euro-Rettungsschirmen werde nicht gerüttelt. „Alles bleibt so, wie es vereinbart ist“, sagte sie.
Die diskutierten Umschuldungs- oder Vertragsklauseln („Collective Action Clauses“/CACs) würden schon in vielen Fällen angewandt. Sie sehe heute aber „überhaupt keinen Fall eines Euro-Mitgliedslandes, das in diese Situation einer notwendigen Restrukturierung käme“. Nach den deutschen Vorstellungen sollen derartige Klauseln künftig in Staatsanleihen von Euro-Staaten vereinbart werden. Dann soll im Krisenfall mit privaten Geldgebern über neue Zahlungsbedingungen zur Entlastung des Schuldnerlandes verhandelt werden können.
Deutschland und Frankreich pochen auf einen raschen Abschluss der Verhandlungen über die Irland-Hilfen. Darin seien sich Bundeskanzlerin Merkel und Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy einig, teilte Regierungssprecher Steffen Seibert am Abend nach einem Telefonat der beiden Spitzenpolitiker mit. Merkel und Sarkozy seien beeindruckt vom Sanierungsprogramm der irischen Regierung. Beide hätten bekräftigt, dass die aktuellen Euro- Rettungspakete nicht geändert werden sollten.
Beide Regierungen arbeiteten mit Hochdruck an einem Vorschlag für einen permanenten Krisenmechanismus in der Euro-Zone. Außenminister Guido Westerwelle (FDP) sagte: „Wir wollen einen Euro, der durch ein wetterfestes Regelwerk dauerhaft vor Turbulenzen geschützt ist.“ Frankreichs Außenministerin Michèle Alliot-Marie sagte, es gebe zwischen Berlin und Paris eine „sehr große Übereinstimmung“.
Nach Zeitlers Angaben haben deutsche Banken im hoch verschuldeten Irland etwa 25 Milliarden Euro im Feuer. Die kursierenden Zahlen von 130 bis 140 Milliarden Euro seien Bruttoangaben, stellte er klar. „Wenn wir das tatsächliche Irland-Risiko berücksichtigen, liegen wir bei etwa 25 Milliarden Euro.“ Viele der Engagements steckten in Finanzierungs- und Zweckgesellschaften, die aus rechtlichen Gründen in Irland angesiedelt seien.
Angesichts der Zweifel am Zustand irischer Banken kündigte die EU- Kommission eine neue Runde sogenannter Stresstests für Europas Geldinstitute ab Anfang 2011 an. „Die Tests werden künftig jährlich gemacht, beginnend mit Anfang nächsten Jahres“, sagte eine EU- Kommissionssprecherin. An den Märkten herrscht die Meinung, dass der erste europaweite Belastungstest im Sommer die Probleme des maroden irischen Bankensektors nicht offengelegt hat.
Die Lage am Markt für europäische Staatsanleihen blieb derweil angespannt. Bei den zehnjährigen Staatspapieren stiegen die Renditen in Irland um 0,1 Punkte auf 8,75 Prozent. Etwas schwächer stiegen die Renditen in Portugal und Griechenland, wo sie für zehnjährige Titel bei 6,87 Prozent und 11,8 Prozent liegen. Zum Vergleich: In Deutschland liegt die Rendite nur bei gut 2,7 Prozent.
Für Deutschland sieht Regling dem „Bild“-Bericht zufolge positive Auswirkungen der Krise in Europa: Die Bundesrepublik werde mit ihren Hilfen für überschuldete Euro-Staaten per Saldo Hunderte Millionen Euro im Jahr verdienen. „Niemand nimmt dem deutschen Steuerzahler etwas weg“, sagte Regling.