Zeuge: Breuer beriet mit Banken über Kirch-Umbau
München (dpa) - Fünf Monate war Pause - jetzt streiten die Erben des Medienunternehmers Leo Kirch und die Deutsche Bank wieder vor Gericht. Der Versuch, den seit zehn Jahren erbittert geführten Kampf um Schadenersatz in Milliardenhöhe mit einem Vergleich zu beenden, ist gescheitert.
Mit der Vernehmung früherer Bankvorstände versuchte das Oberlandesgericht München am Mittwoch ein Stückchen weiter zu klären, ob die Deutsche Bank eine Mitschuld an Kirchs Pleite im April 2002 hatte.
Der ehemalige BayernLB-Vorstand Peter Kahn berichtete als Zeuge über ein Treffen von Kirch-Gläubigerbanken zwei Monate vor der Pleite in Frankfurt. Dabei sei auch über die Zerschlagung und Sanierung des Kirch-Konzerns gesprochen worden. Der damalige Deutsche-Bank-Chef Rolf Breuer habe bei dem Treffen am 14. Februar 2002 erklärt, dass die Kirch-Gruppe überschuldet sei, Zahlungsunfähigkeit drohe und eine „Restrukturierung dringend notwendig“ sei. Breuer habe aber „nicht versucht, die anderen Teilnehmer der Sitzung auf eine Aufteilung der Kirch-Gruppe einzuschwören“, betonte der Landesbanker. Ein Schulterschluss der Gläubigerbanken sei an den zu unterschiedlichen Interessen gescheitert.
Kirch war schon Ende 2001 mit über sechs Milliarden Euro verschuldet gewesen. Breuer habe den versammelten Bankern von einem Treffen beim damaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) im Januar 2002 berichtet und mitgeteilt, „dass der Kanzler es ungern sähe, dass die Kirch-Gruppe an Murdoch geht“. Der angelsächsische Medienzar Rupert Murdoch war damals Minderheitsgesellschafter bei Kirch und ist heute Hauptaktionär des Premiere-Nachfolgesenders Sky Deutschland. Kirch gehörte damals nicht nur der Fernsehkonzern ProSiebenSat.1, sondern auch 40 Prozent des Axel-Springer-Verlages. Die Springer-Beteiligung hatte Kirch für einen Kredit bei der Deutschen Bank als Pfand hinterlegt.
Dem Zeugen Kahn zufolge hatte Breuer damals mit Murdoch telefoniert und erfahren, dass Murdoch „an der Kirch-Gruppe oder Premiere kein Interesse hätte“. Anfang Februar 2002 hatte Breuer in einem Interview öffentlich bezweifelt, dass Kirch weitere Bankkredite bekommen würde. Dies war der Anlass für die spätere Prozesslawine. Kurz darauf habe er Kirch getroffen - so berichtete er den versammelten Bankern laut Kahns Protokoll - und schlug ihm vor, seine Anteile am Axel-Springer-Verlag, der spanischen Telecinco-Gruppe, am Abosender Premiere und an der Formel 1 zu verkaufen, um wieder flüssig zu werden. Kirch habe aber Breuers Angebot, ihm dabei zu helfen, abgelehnt und erklärt, der Verkauf der Springer-Anteile stehe schon kurz bevor. Für die anderen Banker sie dies eine interessante Nachricht gewesen, sagte Kahn.
Kirchs Erben geben Breuer und der Deutschen Bank die Schuld an der Pleite und fordern in zwei getrennten Prozessen insgesamt mehr als drei Milliarden Euro Schadenersatz. Am 11. Mai ist die Verlegerin Friede Springer als Zeugin geladen. Sie hatte schon im November aussagen wollen, war aber wegen eines Befangenheitsantrags gegen das Gericht nicht mehr zu Wort gekommen.