Wirtschaft „Die Situation ist nicht vergleichbar“

Wuppertal · Die WZ hat sich bei Wuppertaler Metzgern und Kunden umgehört, wie sie auf die Debatte über die Zustände in der Fleischindustrie denken.

Gerd Kaufmann betont, dass die vieldiskutierten Werkverträge in lokalen Fachgeschäften kein Thema seien.

Foto: Fischer, Andreas

„Natürlich fragen die Kunden nach“, sagt Metzger Mario Magiera aus Barmen. Das Thema Tönnies schlägt auch in Wuppertal derzeit hohe Wellen. Berichte über Tierwohl, Arbeitsbedingungen und nicht zuletzt den Corona-Ausbruch in dem Fleischkonzern beschäftigen Anbieter und Verbraucher. Wobei die Situation „in keiner Weise vergleichbar“ sei mit der in Fachgeschäften und Betrieben vor Ort, betont Gerd Kaufmann, Geschäftsführer des gleichnamigen Wuppertaler Unternehmens mit Filialen in Elberfeld, Barmen, Vohwinkel und Cronenberg, das auf Ware aus der Region setzt. „Wir beziehen unser Rind-, Kalb- und Lammfleisch über die Firma Laame“, sagt Kaufmann, die Tiere stammten unter anderem von der Vohwinkeler Landwirtsfamilie Bröcker.

Metzger: Kunden fragen vermehrt nach Herkunft des Fleischs

Auf Gut Zur Linden an der Wuppertaler Stadtgrenze werden rund 300 Bullen gehalten, sagt Carsten Bröcker. Er bestätigt den Trend zum Kauf beim Nahversorger – auch und gerade zu Coronazeiten. Das gelte nicht nur für Fleisch: „Unser Hofladen ist gut besucht.“

Nach der Herkunft der Ware werde in der Tat häufiger gefragt, berichtet Mario Magiera, Kunden interessierten sich auch für Tierwohl. Sein Schweinefleisch komme seit vielen Jahren „von einem familiengeführten Betrieb aus Unna“.

Schnell wird im WZ-Gespräch mit Metzgerei-Geschäftsinhabern, Landwirten und Verbrauchern deutlich, dass gerade das Thema Arbeitsbedingungen in der Massentierhaltung kein neues ist: „Die Situation bei Tönnies gibt es ja nicht erst seit gestern – das System ist seit langem bekannt“, sagt Frank Uhlemeyer, dessen Familie mehr als 50 Jahre das bekannte Metzgerei-Geschäft in der Elberfelder Südstadt betrieb (siehe Bericht S. 25).

Gerd Kaufmann spricht in dem Zusammenhang als Obermeister der Fleischerinnung auch für seine Kollegen, wenn er betont, dass die vieldiskutierten Werkverträge in lokalen Fachgeschäften kein Thema seien und man sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze bereitstelle.

„Tönnies ist nicht das Problem, sondern die Arbeitsbedingungen“, meint auch Guido Kuhlendahl aus Ronsdorf. Er bemerkt, dass sich Kunden dieser Tage „wieder mehr auf Qualität und Tradition“ besönnen. Auch fragten sie häufiger nach den Haltungsbedingungen der Schweine. Sein Fleisch kommt aus Betrieben in Wuppertal und dem Münsterland, wie er sagt.

In einem Punkt sind sich alle Gesprächspartner einig, und auch viele Verbraucher meinen: Das Fleisch ist hierzulande viel zu billig. „Es ist ein zweischneidiges Schwert“, sagen Kunden wie die Wuppertalerin Jackie Soultana: „Einerseits ermöglichen die niedrigen Preise in Discountern auch Menschen mit niedrigerem Einkommen die Versorgung mit Lebensmitteln. Andererseits hat man sich im Laufe der Zeit daran gewöhnt, dass Fleisch so wenig kostet.“ Das Preisdumping großer Anbieter sei ein gewachsenes Problem, gibt Frank Uhlemeyer zu bedenken. „Ohne diese Preiskämpfe würde es heutzutage sicher noch mehr selbstständige Metzger geben.“