Bei den Gebrauchten ist jeder dritte Tacho gefälscht
Verkäufer wollen höheren Preis erzielen. Händler haftet, auch wenn er nichts vom Schwindel wusste.
München. Manchmal fliegt der Schwindel bei einer Inspektion oder Reparatur plötzlich auf: „Der Kilometerstand ihres Wagens wurde manipuliert“, bekommen Autobesitzer dann von Werkstattmitarbeitern zu hören. Beim Gebrauchtwagenkauf sind sie Betrügern aufgesessen: Die angezeigte Laufleistung des Autos wurde verringert, um mehr Geld herauszuschlagen. „Fällt ein Tachobetrug im ersten Jahr nach dem Kauf auf, stehen die Chancen für die Autobesitzer gut, den Kaufpreis zurückzubekommen — vor allem wenn sie den Wagen vom Händler haben“, sagt ADAC-Rechtsexperte Ulrich May.
„Ein manipulierter Tacho ist ein Sachmangel am Fahrzeug“, erläutert May. Und dafür müssen Autohändler mindestens ein Jahr lang haften. „Auch dann, wenn sie von dem gefälschten Kilometerstand selbst gar nichts wussten.“
Private Autoverkäufer können die Sachmängelhaftung vertraglich ausschließen. Das macht die Rückgabe eines Fahrzeugs mit geändertem Tachostand laut May schwieriger, aber nicht unmöglich: „Der Käufer muss dem Verkäufer dafür beweisen, dass dieser von der Manipulation gewusst und diese arglistig verschwiegen hat.“ Sein Tipp: Wenn das Auto noch weitere Vorbesitzer hat, lässt sich mit deren Hilfe und etwas Glück eine realistische Laufleistung rekonstruieren, um den Betrug nachzuweisen.
Die vom ADAC angenommene Zahl der Tachobetrugsfälle ist erschreckend hoch: Der Automobilclub schätzt, dass „der Kilometerstand bei rund 30 Prozent der Gebrauchtwagen, die in Deutschland jährlich den Besitzer wechseln, manipuliert ist“.
2011 dürfte demnach bei gut zwei Millionen Fahrzeugen die Laufleistung vor dem Verkauf „geschönt“ worden sein. Bei Autos mit digitalem Kilometerzähler ist das dem ADAC zufolge binnen 30 Sekunden möglich.
Schon beim leisesten Verdacht einer Tachoschwindelei sollten Gebrauchtwagenkunden das Auto vor dem Kauf deshalb einem unabhängigen Sachverständigen vorführen. Oder sie versuchen, den früheren Besitzer ausfindig zu machen, und erkundigen sich nach der Laufleistung, mit der dieser den Wagen beim Händler abgegeben hat.
Grund zur Skepsis geben bei der Besichtigung laut May etwa stark abgegriffene Lenkräder und Schaltknüppel, verschlissene Sitze oder andere deutliche Gebrauchsspuren.
Der ADAC fordert von den Autobauern, dass diese die Kilometerzähler ihrer Modelle vor technischer Manipulation schützen. Dies ließe sich für wenige Euro pro Fahrzeug realisieren. dpa