Das lange Leben der Auto-Legenden

Frankfurt/Main (dpa/tmn) - Es gab sie schon, als manche Automarken noch gar nicht gegründet waren: Auto-Legenden wie der Porsche 911 oder der Land Rover Defender. Damit das trotz verschärfter Umweltauflagen so bleibt, werden sie neu aufgelegt.

Bei langjährig erfahrenen Messegästen könnte dieses Ereignis Erinnerungen heraufbeschworen haben: Als Vorstandschef Matthias Müller auf der diesjährigen Internationalen Automobilausstellung IAA (15. bis 25. September) den neuen Porsche 911 enthüllte, wird ihnen der Herbst 1963 in den Sinn gekommen sein, an dem der Sportwagen schon einmal im Blickpunkt stand. Damals, vor fast 50 Jahren, wurde die erste Auflage des Coupés enthüllt, das längst als deutsche Vollgas-Ikone gilt.

Dinosaurier wie den Elfer findet man auf der Messe in Frankfurt auch an den Ständen anderer Hersteller: Mercedes G-Klasse, Chevrolet Camaro oder Land Rover Defender waren schon Messestars, als es viele Marken wie etwa Hyundai, Kia oder Smart noch gar nicht gab. Dass diese Modelle noch immer so hoch im Kurs stehen und von Autofans als Legenden geliebt werden, liegt an ihrer speziellen Position im Markt, sagt Automobilexperte Ferdinand Dudenhöffer: „Um solch ein Klassiker zu werden, muss ein Auto etwas haben, das es bei den anderen nicht gibt. Und man muss es als erster haben, um dann auch das Original zu sein“, sagt der Professor der Universität Duisburg-Essen.

Für den Porsche 911 zum Beispiel seien das der typische Sound des Boxermotors im Heck, das Fahrverhalten und vor allem die unverwechselbare Silhouette. „Diese drei Faktoren machen das Auto schier unsterblich“, sagt Dudenhöffer. Ganz ähnlich sei es beim Mini - und auch beim Land Rover Defender: „Man setzt sich rein und fühlt sich seit mehr als 40 Jahren wie bei Daktari.“ Durch die TV-Serie „Daktari“ ist der Wagen bekanntgeworden.

Aber wie in der Natur haben solche Dinosaurier auch auf der Straße kein ewiges Leben. Zulassungsvorschriften zu Abgaswerten oder Unfallschutz bedrohen ihren Fortbestand. Und manchmal ändert sich auch nur der Geschmack der Kunden: Für den Geländewagen Hummer gab es im Westen einfach nicht mehr genug Kunden. Deshalb wurde er von General Motors mitsamt der Markenrechte nach China verkauft.

So wie die Porsche-Ingenieure beim Generationswechsel des Elfer haben Entwickler vieler Hersteller die neuesten Schadstoff- und Crashnormen im Blick, wenn sie an der Laufzeitverlängerung für legendäre Autos arbeiten. Chrysler legt nach Informationen aus Unternehmenskreisen deshalb gerade letzte Hand an den Nachfolger der Dodge Viper an. Ford bereitet für 2014 einen neuen Mustang vor. Und bei Lotus nimmt nach Angaben von Firmenchef Dany Bahar gerade die nächste Generation des Leichtbau-Sportwagens Elise Gestalt an.

Auch der Land Rover stellt sich der Evolution: „Wir arbeiten mit Hochdruck an einem Nachfolger des Defender“, sagt Anthony Harper, der die Vorausentwicklung bei dem Allradhersteller leitet. Auf der IAA zeigen die Briten zwei sehr unterschiedliche Studien des kantigen Klassikers. Die eine betont den Abenteueranspruch des Defenders, die andere seinen Lifestyle-Charakter, erläutert der Ingenieur. Jetzt will er sehen, welche Version besser ankommt - und wie er beide unter einen Hut bekommt. Viel Zeit bleibt für die Entwicklung nicht mehr: „2015 werden wir mit der Produktion des Nachfolgers beginnen.“

Bisweilen werden sogar alte Legenden wiederbelebt. Ford singen die Auto-Fachzeitschriften seit Wochen Pläne für eine Neuauflage des Sportcoupés Capri nach. Lotus-Chef Dany Bahar verspricht das Comeback des legendären James-Bond-Autos Esprit. Und als Jaguar-Chef Adrian Hallmark in Frankfurt das Tuch von der Studie C-X16 zog, wurden sofort Erinnerungen an den E-Type wach. „Wir wissen schließlich, dass unsere Kunden sich seit Jahren nichts sehnlicher wünschen als einen kleinen Sportwagen“, sagt der Brite und spricht schon relativ offen über eine mögliche Serienversion für nächstes oder übernächstes Jahr.

Legenden das Leben zu verlängern, gelingt allerdings nicht immer, mahnt Dudenhöffer und nennt als Beispiele den VW New Beetle oder die zweite Generation des Renault Twingo. „Der neue Beetle hatte außer der komischen Blumenvase nichts vom Käfer und war nur ein Golf mit unpraktischer Karosse“, sagt er. Und beim Twingo sei mit dem Generationswechsel die einzigartige Form einer geschrumpften Großraumlimousine verloren gegangen: „Jetzt heißt er nur noch Twingo und ist so unverwechselbar wie ein beliebiger japanischer Kleinwagen.“

Damit ein Auto zur Legende wird, muss es in Dudenhöffers Augen einzigartig sein. „Und zum Dauerbrenner schafft es ein Modell nur, wenn der Hersteller diesen Kern bewahrt, während er das Fahrzeug technisch auf dem neuesten Stand hält.“ An dieser Hürde seien zum Beispiel Modelle wie die Ente, der Renault 4 oder der Citroën DS gescheitert, klagt der Professor. „Alle drei hatten das Zeug zum Klassiker, aber bei allen wurde die technische Weiterentwicklung versäumt. Eigentlich schade.“