Luft und Lithium: Der Traum von der Superbatterie

Münster (dpa) - Wenn die Automobilbranche in dieser Woche zur Fachmesse IAA zusammenströmt, sind Elektroautos ein wichtiges Zukunftsthema. Doch eine bessere Batterie muss her. Die Forschung läuft auf Hochtouren.

Es rollt und rollt und rollt und - rollt nicht mehr: Elektroautos haben immer noch eine zu kurze Reichweite. Die Batterietechnik ist noch nicht ausgereift. Sie ist zu schwer, zu teuer, braucht zu lange zum Laden. Daher suchen die großen Hersteller und die Hochschulen überall in Deutschland nach neuen Möglichkeiten. Eine der führenden Forschungseinrichtungen ist das Batterieforschungszentrum MEET der Universität Münster.

Dort weckt eine kleine Menge klarer Flüssigkeit große Hoffnungen. Sie soll es möglich machen: das konkurrenzfähige Elektroauto. Im Chemielabor in Münster arbeiten Forscher an einem Lithium-Luft-Akku. Nur wenige Milliliter der Flüssigkeit enthält der Glasbehälter mit dem blauen Deckel. Auf den ersten Blick könnte es Wasser sein. Doch die Flüssigkeit soll viel mehr können.

Die Ausgangsbedingungen sind immer dieselben: Um Energie für das Fahren zu gewinnen, strömen die Lithium-Ionen zwischen zwei Teilen eines Akkus hin und her - der Anode und der Kathode. Damit das klappt, müssen die Ionen an diesen beiden Stellen bisher noch in einer Art von Behältermolekülen gefangen werden, etwa so wie Wasser in einem Eimer.

Der Pferdefuß: Die Behälter sind schwer, und ansonsten komplett nutzlos. „In einem heutigen Lithium-Ionen-Akku schleppen Sie deshalb für 10 Gramm Lithium mehr als 300 Gramm Behältermoleküle mit“, erklärt Stefano Passerini vom Batterieforschungszentrum MEET der Universität Münster. Das macht die Batterien der Elektroautos so schwer und die Reichweiten mit etwa 150 Kilometern so kurz.

„Lithium-Luft-Systeme haben das Potenzial, die erreichbaren Reichweiten zu erhöhen“, sagt der Technische Geschäftsführer des Verbandes der Automobilindustrie (VDA), Hans-Georg Frischkorn. „Allerdings kommt es nicht allein auf die Reichweite an. Das Gesamtpaket aus langer Lebensdauer, hoher Ladefähigkeit, niedrigem Gewicht, wettbewerbsfähigen Kosten und angemessener Reichweite muss stimmen.“

Die Idee des Lithium-Luft-Akkus ist, die schweren Behältermoleküle wegzulassen und eine Batterie zu bauen, die nur mit Lithium und Luft funktioniert. Was einfach klingt, bereitet Forschern seit Jahren Kopfzerbrechen. In Münster sind in den vergangenen Monaten mehrere Forschungsprojekte zu Lithium-Luft-Batterien angelaufen.

„Eines der größten Probleme ist, dass Lithium mit fast allem reagiert, was wir kennen“, sagt Passerini. Insbesondere wenn Lithium mit dem Wasser in der Luft in Berührung kommt, gibt es Probleme. „Dann bildet sich Wasserstoff und nach kurzer Zeit fliegt Ihnen die Batterie um die Ohren.“

Um die Reaktion von Lithium mit Wasser und anderen Stoffen zu verhindern, wollen die Forscher das Innere ihres Lithium-Luft-Akkus - den Raum zwischen Anode und Kathode - mit sogenannten ionischen Flüssigkeiten füllen. Chemisch gesehen sind diese Flüssigkeiten so etwas Ähnliches wie Kochsalz. „Nur unsere Salze sind bei Raumtemperatur flüssig“, erklärt der Chemiker.

Doch welche ionische Flüssigkeit soll es denn sein? Um den perfekten Stoff zu finden, experimentieren die Münsteraner Forscher mit den unterschiedlichsten Varianten. „Wir können das Grundgerüst an verschiedenen Stellen erweitern und so die Stoffeigenschaften verändern.“ Da gibt es eine Menge Fragen: Wie leitfähig ist der neue Stoff? Wo ist der Schmelzpunkt? Welche elektrischen Spannungen hält er aus? Bei welcher Temperatur wird er zerstört?

Bis zur marktreifen Lithium-Luft-Batterie ist es noch ein weiter Weg - und die Forscher aus Münster bearbeiten nur eines von vielen Problemen. „Die Lithium-Luft-Technologie hat großes Potenzial, ist derzeit aber technisch längst nicht ausgereift und befindet sich noch im Bereich der Grundlagenuntersuchung“, sagt VDA-Chef Frischkorn. „Deswegen kann niemand heute mit Sicherheit sagen, ob und wann die Lithium-Luft- Batterie eingesetzt werden wird.“ Die Nationale Plattform Elektromobilität sieht sie als eine Option für die Zeit nach 2025.