Deutschland hinkt bei Erdgasautos hinterher
Leipzig/Halle (dpa) - Ihre Vorteile liegen auf der Hand: Erdgasautos sind umweltfreundlich und wirtschaftlich. Zwar ist ihr Absatz in allen Bundesländern gestiegen, doch im internationale Vergleich hinkt Deutschland hinterher.
Tankstellenpächter Thomas Dobel fährt privat und beruflich auf Erdgas ab. Sein Auto wird von diesem Kraftstoff angetrieben und an seiner Station in Halle steht seit 2007 auch eine Zapfsäule für Erdgas. Der 47-Jährige lenkt eines der derzeit 90 000 in Deutschland zugelassen Erdgasfahrzeuge. Zwar ist deren Zahl in den zurückliegenden Jahren kontinuierlich gestiegen. „Doch Deutschland liegt im internationalen Vergleich hinterher“, sagt Steffen Hesse, Mitglied im Vorstand des Initiativkreises Erdgasfahrzeuge Sachsen/Sachsen Anhalt.
Ein Grund für die noch geringe Akzeptanz ist nach Meinung von Hesse, dass Automobilindustrie und -händler diese Fahrzeuge noch zu wenig publik machen. Längst verfüge Deutschland über ein dichtes Tankstellennetz und aktuelle Modelle seien mit modernen, leistungsfähigen Motoren ausgestattet. Erdgasfahren sei sowohl wirtschaftlich als auch umweltschonend.
Laut Initiative wird der Treibstoff in Kilogramm abgerechnet. Ein Kilo Erdgas enthält so viel Energie wie 1,5 Liter Superbenzin oder 1,3 Liter Diesel. So spart der Erdgasfahrer etwa gegenüber Benzin die Hälfte, gegenüber Diesel ein Drittel der Kraftstoffkosten. Außerdem liegen die CO2-Emissionen von Erdgasfahrzeugen etwa 25 Prozent unter denen von Benzinfahrzeugen, sie emittieren kaum Rußpartikel und deutlich weniger Stickoxide.
Nach Angaben der Erdgas mobil GmbH (Berlin) - eine Initiative führender deutscher Erdgasunternehmen - ist die Zahl der Erdgasfahrzeuge in allen Bundesländern in den zurückliegenden Jahren gestiegen - auch in den ostdeutschen. Gab es im Jahr 2002 in Berlin 174 solcher Fahrzeuge sind es heute 3407, in Brandenburg stieg die Zahl in dem Zeitraum von 153 auf 2837, in Mecklenburg-Vorpommern von 171 auf 1473, in Sachsen von 284 auf 2508, in Sachsen-Anhalt von 310 auf 2527 und in Thüringen von 250 auf 2681.
Kritik an Reichweiten und zu wenig Tankstellen lässt Pächter Thomas Dobel nicht mehr gelten. „Die Fahrzeuge sind mittlerweile technisch so ausgestattet, dass ich locker mit einer Tankfüllung mehr als 500 Kilometer fahren kann“. Je nach Modell stünde einer Nonstop-Fahrt vom Erzgebirge bis zur Ostsee nichts im Weg.
Nach Angaben der Verbundnetzgas AG (VNG) Leipzig verfügt Deutschland mittlerweile über ein dichtes Netz von Erdgastankstellen. Gab es im Jahr 2002 etwa 100, ist der Kraftstoff derzeit an rund 900 Tankstellen verfügbar. Auch Tomas Dobel hat mit seiner Station gute Erfahrungen gemacht. Verkaufte er im Jahr 2009 im Durchschnitt noch 13 000 Kilo pro Monat, sind es in diesem Jahr schon monatlich 20 000 Kilogramm. Private Halter, Bus- und Taxiunternehmen zählen zu seinen Kunden.
Noch hinkt Deutschland im Internationalen Vergleich deutlich hinterher. Nach Angaben von VNG waren zum Beispiel in Italien Ende 2009 rund 640 000 Erdgasfahrzeuge unterwegs. Mit 140 000 Neuzulassungen in dem Jahr wurde der Gesamtbestand Deutschland deutlich übertroffen. Beträgt in Italien der Anteil der Erdgasfahrzeug sieben Prozent, liegt er in Deutschland bei 0,18 Prozent.
Doch der Initiativkreis Erdgasfahrzeuge ist optimistisch, dass Deutschland aufholt. „In ihrem Energiekonzept fördert die Bundesregierung Erdgas als Kraftstoff ausdrücklich, das schafft Planungssicherheit“, sagt Hesse. Zwar sprächen jetzt alle vom Elektroauto, doch bis das für jeden erschwinglich ist, werde es noch einige Zeit dauern.