Die Legende lebt: Borgward elektrisiert die Sammler

Genf (dpa/tmn) - BMW, Bentley oder Bugatti? Nein. Borgward heißt die Marke, die auf dem Genfer Automobilsalon (Publikumstage: 5. bis 15. März) die größte Anziehungskraft ausübt.

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Denn allein mit der Ankündigung, nach über 50 Jahren wieder ein Auto zu bauen, hat Christian Borgward die Motorwelt elektrisiert. „Das Relaunch der Marke war ein Kindheitstraum von mir, und jetzt geht er bald in Erfüllung“, sagt der Enkel des Firmengründers.

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In Genf präsentiert sich die Marke zwar nur mit neuem Logo, einer deutlich modernisierten Raute. Doch im September auf der IAA in Frankfurt soll als erstes neues Modell ein kompakter Geländewagen stehen, der im ersten Halbjahr 2016 in den Handel kommt, kündigt Borgwards Kompagnon Karlheinz Knöss an. „Danach zeigen wir jedes Jahr zwei neue Modelle.“ Denn die neue Borgward AG wolle kein Nischen- und Kleinserienhersteller sein, sondern zurück zu alter Größe finden und bis Ende des Jahrzehnts 800 000 Autos jährlich fertigen.

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Dass diese Ankündigungen ausreichen für einen Sturm in der Sammler-Szene, hat nach Ansicht von Andreas Berse einen simplen Grund: „Gescheiterte Marken gibt es viele, aber Borgward ist ein Mythos“, sagt der Autor aus Nürnberg. Er hat das Schicksal des Familienunternehmens in einem Roman fortgeschrieben.

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Was Borgward anders als ebenfalls untergegangene Marken wie Messerschmitt, Maybach oder Horch zum Mythos macht, liegt wohl an Mensch und Modellen, vermutet Peter Kurze, der von Borgwards Heimatstadt Bremen aus ein virtuelles Museum betreibt.

Da sind auf der einen Seite Modelle wie der Hansa 1500, der Lloyd Alexander oder natürlich die Isabella - alles technische Meilensteine und überaus erfolgreiche Modelle. „Nicht umsonst war Borgward nach VW und Opel und weit vor Mercedes oder Ford in den 50er Jahren der drittgrößte Automobilhersteller im Land“, stellt Kurze fest. „Und auf der anderen Seite ist da der Firmengründer Carl F.W. Borgward, der sich als Selfmade-Man von ganz unten nach ganz oben gearbeitet hat.“ Borgward kam als eines von 13 Kindern eines Hamburger Kohlenhändlers auf die Welt, arbeitete als Ingenieur bei einem Zulieferer, übernahm die Hansa-Lloyd-Werke und war später Chef von über 20 000 Menschen.

Dass Borgward selbst entwickelt und designt hat, und den Autos seinen Namen gab, hat den Mythos befeuert, sagt Berse. „Genauso übrigens wie das von Bänkern und unfähigen Politikern verursachte Scheitern der Marke, das die Firma letztlich nach gut 40 Jahren und über einer Million produzierter Fahrzeugen in den Ruin getrieben hat.“

Hartmut Loges kennt all diese Geschichten. Der Essener ist Präsident der Borgward-IG und definiert die Firma vor allem über die Fahrzeuge: „Denn Borgward war ein Pionier und hat Autos gebaut, die ähnlich wegweisend waren wie später ein VW Golf oder eine Mercedes S-Klasse.“

Die Liste der Meilensteine beginnt beim Leukoplast-Bomber, dem Lloyd LP300 von 1950, der mit seinem Front-Quer-Motor das Prinzip des modernen Kompaktwagens vorweg genommen hat. Sie führt über den Lloyd Alexander, der lange Zeit der erfolgreichste Kleinwagen im Land war, und reicht bis zum P100 von 1959 - eine für ihre Zeit rasend schnelle, extrem komfortable Limousine mit der ersten Luftfederung.

Mit der ersten Ponton-Karosserie und dem ersten elektrischen Blinker beim Hansa 1500 von 1949 hat sich Borgward ebenfalls verdient gemacht. Aber die Ikone der Marke ist und bleibt die Isabella, sind sich alle Experten einig. „Über 200 000 Mal gebaut und in alle Welt verkauft, war sie einfach das schönste Auto ihrer Zeit“, sagt Loges über das damals beim Bürgertum extrem populäre Mittelklassemodell.

Zwar haben viele jüngere Autofahrer kein Bild von einem Borgward mehr vor Augen, räumt Borgward-Archivar Kurze ein. Aber die Sammlerszene sei überraschend frisch und rege. „Genau wie damals bietet Borgward auch heute noch für jeden das passende Auto“, skizziert er den Markt: Einen Lloyd Alexander gebe es schon für ein paar Hundert Euro. Für ein Isabella Coupé muss man aber tiefer in die Tasche greifen: „Unter 30 000 Euro ist da für ein gutes Stück nicht viel zu machen.“