Doppelt hält besser - Viele Fahrradschlösser sind leicht zu knacken
Berlin (dpa/tmn) - Gelegenheitsdiebe werden meist von einem einfachen Fahrradschloss abgehalten. Anders sieht es bei Profis aus, die vor allem teure Räder im Visier haben. Nur wenige Schlösser bieten hier soliden Schutz.
Experten erklären, welche Modelle wie sicher sind.
Nur die wenigsten Fahrraddiebe brechen nachts mit Strumpfmaske und schwerer Zange in den Gartenschuppen ein, um ein schickes Rennrad oder Mountainbike zu entwenden. In den meisten Fällen macht Gelegenheit Diebe. Das macht den Verlust nicht weniger ärgerlich. Der beste Schutz gegen Diebstahl ist ein hochwertiges, aufbruchsicheres Schloss - aber das ist nicht so leicht zu finden.
Als alarmierend bezeichnete die Stiftung Warentest in der Zeitschrift „test“ (Ausgabe 4/2013) jüngste Testergebnisse: Nur 5 von 37 Fahrradschlössern erhielten die Note „gut“. Und 17 Schlösser waren schlicht „mangelhaft“. Die meisten Modelle konnten die Tester ohne große Mühe innerhalb von drei Minuten öffnen. Kein Schloss bot hundertprozentige Sicherheit. Dabei kosten die geprüften Modelle bis zu 120 Euro. Zahlt der Kunde also viel Geld für wenig Schutz?
Gunnar Fehlau vom Pressedienst Fahrrad (pd-f) sieht das nicht so. Es gebe in dem Test durchaus eine gewisse Korrelation zwischen Preis, Gewicht und Qualität. Ausnahmen lassen sich auch damit erklären, dass 15 Schlösser der Stiftung Warentest zufolge Weichmacher enthielten, die bei Hautkontakt in den menschlichen Organismus gelangen können - daher die Abwertung im Gesamtergebnis. Diese Schlösser schützen oft trotzdem gegen Diebe. Dennoch gibt es zwischen den verschiedenen Typen große Unterschiede.
Besonders aufbruchsicher ist das Bügelschloss, auch U-Bogen genannt. „Da kann man relativ sicher sein, dass es nicht am Schloss gelegen hat, wenn das Rad weg ist“, sagt Fehlau. Die Sicherheit geht zulasten des Gewichts: Ein Bügelschloss ist schwer. Und die starre Form macht das Anschließen an Pfosten und Pfählen manchmal schwierig.
Hundertprozentige Sicherheit biete aber auch ein Bügelschloss nicht, sagt Bettina Cibulski vom Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC). Entscheidend sind die Dicke und Härte des Stahls. In diesem Punkt attestierte die Stiftung Warentest manchen Modellen leichte Mängel. Knackpunkt bei vielen günstigen Bügelschlössern ist außerdem der Schließmechanismus - die schwächste Stelle des Schlosses.
Grundsätzlich gilt: Ein gutes Bügelschloss hat seinen Preis. Das teuerste Modell muss es aber nicht unbedingt sein. Cibulski rät, zur Orientierung den Wert des Fahrrads heranzuziehen: „Etwa zehn Prozent des Kaufpreises sollte man auch für das Schloss ausgeben.“
Kompakter und flexibler als der U-Bogen ist das Faltschloss. Es ähnelt einem Zollstock und lässt sich eingeklappt besser am Rad verstauen. Das Anschließen des Rads an einen Gegenstand fällt ebenfalls leichter. Allerdings sind einige Faltschlösser der Stiftung Warentest zufolge relativ leicht zu knacken.
Besonders beliebt ist das klassische Panzerkabelschloss, meist als Spirale und eingefasst in eine schwarze Kunststoffhülle. Doch das Ergebnis der Warentester ist deprimierend: Ein Profi knackt ein dünnes Drahtseil demnach oft in weniger als 15 Sekunden. Gunnar Fehlau nutzt ein leichtes Kabelschloss deshalb nur als einfache Wegfahrsperre. Voraussetzung: Das Rad steht in Sichtweite.
Auch Steck-, Speichen- und Rahmenschlösser taugen eher als Zusatzschutz - „wenn man mal kurz beim Bäcker reinspringt“, wie Cibulski sagt. „Als genereller Schutz vor Diebstahl ist das viel zu wenig.“ Gleiches gilt für Kettenschlösser: Sie sind oft schwer und trotzdem leicht zu knacken, so die Stiftung Warentest.
Orientierung für die Kunden im Fahrradgeschäft versprechen die sogenannten Sicherheitsstufen, die aber nicht für einen objektiven Vergleich zwischen den Anbietern taugen. „Sie zeigen in erster Linie Relationen im Sortiment“, erklärt Fehlau. Jeder Hersteller habe seinen eigenen Standard.
„Viele kommen in ein Geschäft und sagen, sie wollen nicht mehr als 30 Euro für ein Schloss ausgeben“, hat Fehlau beobachtet. Oft reiche das schließlich auch. Etwa 80 Prozent aller Fahrräder würden geklaut, weil sie gar nicht oder nur minimal gesichert seien. „Auftragsklau ist nur ein Thema bei hochwertigen Sportgeräten.“ Darum bringe meist allein schon das Benutzen eines soliden Schlosses genug Sicherheit.
Wer ein Fahrrad für mehrere hundert oder gar tausend Euro fährt, setzt am besten auf maximale Sicherheit - und greift dafür auch etwas tiefer in die Tasche. „Der eine kauft sich ein Schloss für einen Warenwert, für den sich ein anderer nicht mal ein Fahrrad kaufen würde“, sagt Fehlau.
Generell ist es sinnvoll, zwei verschiedene Schlösser gleichzeitig zu benutzen. „Diebe sind oft auf einen Typ spezialisiert“, sagt Cibulski. „Sie können ein Schloss knacken, aber das andere nicht.“
Ein weitere wichtige Grundregel: Nicht nur abschließen, sondern auch anschließen - am besten an einen festen Gegenstand. „Es bringt nichts, ein sicheres Schloss zu haben, und es an einem wackeligen Gartenzaun festzumachen“, sagt Fehlau.