Neues aus der Rotlicht-Szene Heckleuchten werden zu Kunstobjekten
Genf (dpa/tmn) - Zu lange darf man dem neuen DS7 Crossback nicht auf das Heck schauen. Sobald sich der Blick in den Rückleuchten verliert, ist man verloren: Rund 50 scharf geschnittene, mit flammend roten LED-Elementen erleuchtete Dreiecke sind darin in einem so hypnotisierendem Muster angeordnet.
Wenn der DS7 Ende des Jahres auf die Straße kommt, werden ihn seine auffälligen Rückleuchten zwar womöglich unverwechselbar machen. Doch bei der Premiere auf dem Genfer Salon (9. bis 19. März) sind sie beileibe nicht der einzige Blickfang. Die Designer vieler Hersteller haben den Rotlichtbezirk am Ende der Autos als Spielweise entdeckt und sich dort zur Frühjahrsmesse ausgetobt. Renault experimentiert bei der Elektro-Studie TreZor mit haarfeinen Lichtleitern, die von Lasern befeuert und wie Origamifäden verwoben werden.
Beim Supersportwagen von Techrules glüht gleich das ganze Heck mitsamt der riesigen Finne auf, wenn der Fahrer das Licht einschaltet oder auf die Bremse tritt. An der Kehrseite des Audi Q8-Concept haben die Bayern über die ganze Breite eine auffällige rote Leuchtlinie gezogen. Ebenfalls auf maximale Sichtbarkeit setzt der VW-Konzern bei seinem Robo-Taxi Sedric. Weil kein Fahrer mehr am Steuer sitzt und das Vertrauen der anderen Verkehrsteilnehmern umso wichtiger ist, läuft die Rückleuchte nicht nur um das gesamte Heck des Wagens. „Sondern wir haben auch an der Front und den Flanken LED-Flächen, über die Sedric mit der Außenwelt kommunizieren kann,“ sagt Johann Jungwirth, der die Digitalisierung des VW-Konzerns leitet.
Dass die Designer mittlerweile so viel Spielraum haben, liegt vor allem am technischen Fortschritt: Jahrzehntelang gab es für die Rückleuchten nur weiße Glühbirnen hinter roten Deckgläsern, und die einzigen Variationen waren die Form und der Schliff dieser Abdeckungen. Doch seitdem es Lichtleiter und LED-Systeme gibt, lassen sich die Rückleuchten individueller gestalten.
Das Licht lässt sich buchstäblich formen, es gibt unverwechselbare Signaturen und immer neue Spielereien, erläutert ein Mercedes-Designer. Die nächste Evolutionsschritt steht bereits vor der Tür: Denn bei den ersten Serienautos gehen in kleiner Stückzahl bereits organische Leuchtdioden, so genannte OLED, in Produktion. Sie erzeugen ein noch gleichmäßigeres Leuchtbild und bringen wieder eine neue Schattierung.
„Wir suchen permanent nach neuen Technologien und probieren gerade bei den Studien viel aus“, sagt Renault-Design-Chef Laurens Van den Acker zur Heckbeleuchtung seines Trezor. Natürlich wird es solche Laser-Fäden weder heute noch morgen in Serie geben, räumt er ein. „Doch es erregt Aufmerksamkeit und lotet die Grenzen des Machbaren aus.“ Und ehe man es sich versieht, schafft es so eine Technologie vielleicht doch irgendwann in Produktion, ist van den Acker überzeugt. Wenn dem nicht so wäre, führe schließlich jeder noch mit Petroleum-Funzeln am Heck herum.
Die Theorie des Renault-Designers lässt sich auf dem Genfer Salon an vielen Modellen bestätigen. Die hintereinander gestaffelten Leuchtrahmen, mit denen Citroen die Blicke auf die Studie C-Aircross lenken möchte, gibt es leicht beschnitten und hinter einem Deckglas im neuen Range Rover Velar schon in Serie. Und wer beim neuen Cabrio der Mercedes E-Klasse die Option „Stardust“ ankreuzt, der bekommt Rückleuchten, in denen kleine Glanzpartikel funkeln wie Sternenstaub im Sonnenuntergang, sagt Baureihenchef Christian Früh.
Die mit Abstand spektakulärste Rückleuchte hat aktuell aber der der Bugatti Chiron: Dort haben die Entwickler ein 1,60 Meter langes LED-Schwert aus einem Stück ins Heck integriert, das selbst Darth Vader vor Neid erblassen lassen würde. Zwar stöhnt Designer Achim Anscheidt noch immer über den Aufwand, den die Umsetzung seiner Idee gekostet hat. Die Mühe lohnt sich bei einem 1500 PS-Sportwagen aber gleich doppelt: Erstens, weil Designchef Anscheidt bei einem Grundpreis von 2,86 Millionen Euro ein bisschen mehr finanziellen Spielraum hat als seine Kollegen bei den bürgerlichen Marken. Und zweitens weil man ein Auto, das in kaum mehr als zwei Sekunden von 0 auf 100 km/h beschleunigt und eine Spitzengeschwindigkeit von 420 km/h erreicht, die meiste Zeit ohnehin nur von hinten sieht.