IAA: Durchbruch bei Elektroautos angekündigt
Frankfurt (dpa) - Und nun also doch: Lange hat der Stuttgarter Sportwagenbauer Porsche - genau wie Audi - auf sein erstes reines E-Auto warten lassen. Auf der IAA (Publikumstage: 17. bis 27. September) stellten nicht nur die Ingolstädter ihre erste Elektro-Studie vor.
Porsche fuhr mit dem Konzept „Mission E“ vor. Die Fahrzeuge sind also noch lange nicht auf dem Markt. Dabei stehen die Hersteller unter Zugzwang: Der Erfolg des E-Auto-Pioniers Tesla sitzt ihnen ebenso im Nacken, wie die strengen CO2-Vorgaben der EU.
Bislang führten die Hersteller die fehlende Batterietechnologie als Haupthindernis ins Feld. Die bislang verfügbaren Batterien machen E-Autos teuer. Ihre Leistung reicht nicht so weit wie eine Tankfüllung - und es gibt noch nicht genug Ladestationen.
Für Porsche war das Anfang des Jahres noch ein Grund, die Tauglichkeit von E-Motoren für die Modellpalette des Sportwagenbauers grundsätzlich in Frage zu stellen - jetzt sagt Porsche-Chef Matthias Müller: „Zum Ende der Dekade wird die Batterietechnologie so ausgelegt sein, wie wir es uns für unsere Fahrzeuge vorstellen.“
Das Reichweitenproblem wollen die Hersteller bald lösen. Volvo-Chef Hakan Samuelsson etwa sagte kürzlich: „Ich glaube, man braucht eine Reichweite in der Größenordnung 400 oder 500 Kilometer, um eine richtige Alternative zu haben.“
Der Technikkonzern Bosch stellte auf der IAA in Frankfurt einen Durchbruch bei den Batterien in Aussicht. Dank neuer Technologien könne sich die Energiedichte der Stromspeicher - und damit die Reichweite - bis 2020 mehr als verdoppeln und die Kosten mindestens halbiert werden. Hersteller zweifeln allerdings: „Das ist mutig“, sagte Porsche-Chef Müller. „Bosch wird die Batterietechnologie aber eher evolutionär entwickeln.“
Der E-Autopionier Tesla geht fest davon aus, dass die Technologie günstiger wird. Tesla selbst setzt mit seiner Zellproduktion in Nevada (Gigafactory) auf Größeneffekte. Wenn der günstigere Tesla , das Model 3, auf den Markt komme, werde man bei Verbrauchern stärker die Einsparungen während der gesamten Nutzungszeit durch wegfallende Spritkosten und weniger Service in den Vordergrund stellen.
BMW-Finanzchef Friedrich Eichiner ist überzeugt, dass die Nachfrage nach Elektroautos weiter steigen wird. „Wir sollten uns da nicht blenden lassen von der aktuellen Entwicklung, vor allem getrieben durch die aktuellen Ölpreise.“
Trotzdem halten sich Zweifel: „Wenn die Spritpreise niedrig bleiben, wird es für E-Mobilität in Deutschland schwierig, sich durchzusetzen“, sagte Porsche-Chef Müller. Er fordert Kaufanreize und Unterstützung für die Infrastruktur von der Politik. Im Jahr 2020 werden rein batteriebetriebene Autos noch eine absolute Nische sein, glaubt auch Daimler-Chef Dieter Zetsche. Der Plug-In-Hybrid - Fahrzeuge, die sich an Tankstelle und Steckdose auftanken lassen - werde eine sehr viel stärkere Entwicklung erfahren. 2025, so Zetsche, werde der Verbrenner noch den Hauptteil der Fahrzeuge ausmachen. Auch Boschs Kfz-Chef Rolf Bulander sagt: „Mindestens die nächsten zehn bis 15 Jahre werden wir nicht Elektromotor „oder“ Verbrennungsmotor sagen, sondern „und“.“
Studien geben ihnen recht: Laut einer Untersuchung der Strategieberatung Roland Berger und der Forschungsgesellschaft Kraftfahrwesen mbH Aachen (fka) verharrt der Marktanteil von Elektrofahrzeugen nicht nur in Deutschland, sondern auch in Frankreich, Italien, USA, Japan, China und Südkorea auf einem sehr niedrigen Niveau. Neben den Batterieproblemen sieht Roland-Berger-Partner Thomas Schlick fehlende Vertriebskonzepte als Problem. „Elektroautos werden bisher kaum oder gar nicht beworben.“
Einer aktuellen Umfrage zufolge ist das Interesse an reinen Elektroautos entsprechend gering. Bei gleichen Kosten und gleicher Ausstattung würden sich nur sieben Prozent ein rein batteriebetriebenes E-Auto zulegen, wie das Meinungsforschungsinstitut YouGov ermittelt hat. Jeder Zehnte vertraut bereits einer Technologie, die gerade auf den Markt kommt: Mit Wasserstoff betriebene E-Autos.
Toyota startete im September den Verkauf seines Brennstoffzellen-Autos Mirai in Deutschland. Die Zielmarke ist niedrig: 50 bis 100 Autos pro Jahr wollen die Japaner absetzen. „Noch ist es mehr ein technologisches Statement, dass dies die Richtung ist, die das Unternehmen für nachhaltige Mobilität einschlagen will“, sagt der europäische Verkaufschef Karl Schlicht. Auch für die mit Wasserstoff betriebenen Autos gibt es bislang kaum Tankstellen.
Den größten Zuspruch (28 Prozent) erhalten deshalb in der Yougov-Umfrage immer noch Hybridantriebe, die mit Benzin und Strom betankt werden können. Gut 17 Prozent würden zum umweltfreundlicheren Benziner greifen, 11 Prozent die Dieselvariante wählen.
Dass die Industrie selbst die Entwicklung eher bremst, damit sich langjährige Investitionen in den Verbrennermotor lohnen, will Boschs Kfz-Chef Rolf Bulander zumindest für die Zulieferer nicht gelten lassen. „Das Potenzial für die Zulieferer ist bei Elektroantrieben größer als beim herkömmlichen Verbrenner“, sagt er. „Denn auf dem neuen Feld ist die Wertschöpfung noch nicht verteilt.“