„Ich hab einen Karl!“ - Hersteller brauchen neue Autonamen
Stuttgart (dpa) - Das Kind braucht einen Namen: Weil Autobauer laufend neue Modelle auf den Markt bringen, müssen sie sich auch laufend neue Namen einfallen lassen. Daimler stößt dabei so langsam an seine Grenzen - und überdenkt seine Nomenklatur.
Würde Daimler es wie Opel machen, hießen die Autos der Schwaben künftig Gottlieb oder Dieter. In Anlehnung an den Gründer und den Konzernlenker nennt der Rüsselsheimer Hersteller seine neuen Modelle nämlich Adam und Karl. Ganz so weit geht man bei Daimler zwar nicht - die Namensgebung ihrer Autos wollen die Stuttgarter künftig aber dennoch gründlich überarbeiten. Mit neuen Autonamen griff so mancher Hersteller allerdings auch schon daneben.
„Wir wollen eine klare Logik haben, die jeder auf Anhieb versteht“, kündigte Vertriebschef Ola Källenius am Dienstag in Stuttgart an. Auf den ersten Blick wirkt die allerdings etwas komplizierter als Namen wie Adam oder Karl: Die Namen sollen vom kommenden Jahr an nämlich stärker auf die fünf Modellreihen A, B, C, E und S hinweisen.
Konkret sieht das zum Beispiel so aus: SUV-Modelle beginnen nach dem Prinzip künftig mit GL und bekommen je nach Herkunft einen dritten Buchstaben dazu. Etwa GLS, wenn sie auf dem Flaggschiff S-Klasse aufbauen oder GLA bei Zugehörigkeit zur kompakten A-Klasse. Daimler zufolge soll das Kunden einen besseren Überblick geben.
Experten sehen das kritisch. „Ich habe die Befürchtung, dass die neuen Abkürzungen zu noch mehr Verwirrung führen“, sagt Namenserfinder Manfred Gotta. Der Markenexperte steckt unter anderem hinter dem Twingo von Renault und Daimlers Smart. „Es ist auf jeden Fall langweilig“, sagt er. „Dass es anders geht, haben wir mit dem Smart gezeigt.“
Auch hinter dem Namen steckt eine Logik: Das „S“ steht demnach für Swatch - der Schweizer Uhrenfabrikant Nicolas Hayek hatte die Idee zum Smart -, das „M“ für Mercedes und der Rest für den englischen Begriff für Kunst: „art“.
Nicht immer ist die Bedeutung von Autonamen derart harmlos: Der Name Pajero bedeutet auf spanisch etwa Wichser - ungünstig für Mitsubishi, dass der Hersteller eines seiner Modelle so nannte. Dessen Modell i-Miev funktionierte Experten zufolge wiederum in Deutschland nicht. Denn: Wer will schon einen Wagen fahren, der an üblen Geruch erinnert?
Ebenso wenig ahnten wohl die Japaner von Toyota die Doppeldeutigkeit, als sie den MR 2 tauften: In Frankreich erinnert die Kombination laut ausgesprochen nämlich an das Wort „merde“, was „Scheiße“ bedeutet.
Dabei spielt der Name für den Erfolg eines Autos durchaus eine Rolle: Je besser er weltweit funktioniere, desto größer sei sein Anteil am Verkaufserfolg, erklärt Justus Schneider vom Beratungsunternehmen Interbrand. „Schlechte Namen tragen allerdings eher zu Misserfolgen bei, als gute für den Erfolg.“ Autonamensgeber Gotta betont: „Ein Name ist auch eine Verpflichtung.“ Überarbeite ein Hersteller ein Auto, müsse auch dessen neues Gesicht weiter zum Namen passen.
Aufgrund der Vielzahl neuer Modelle müssen Hersteller sich allerdings derzeit einiges einfallen lassen. Daimler will bis 2020 zum Beispiel mehr als 30 Modelle auf den Markt bringen, darunter noch mindestens elf völlig neue ohne Vorgänger. Die wachsende Auto-Familie brachte den Konzern mit Blick auf die Namensgebung also seine Grenzen.
Vornamen habe man deswegen allerdings nicht in Erwägung gezogen, verrät Jens Thiemer, Leiter der Mercedes-Marketing-Kommunikation. „Weil wir eine Kürzellogik haben, die bei Mercedes ein großer Teil des Erfolgs ist. Die Buchstaben (...) gehören zu uns“, sagt er.
„Sie sind logisch, präzise, hierarchisch und relativ flexibel“, sagt Schneider von Interbrand über Buchstaben oder auch Zahlen als Namen. „Diese Bezeichnungssysteme lassen in allen Fällen der Marke den Vortritt.“ Namensexperte Gotta rät von solchen Vornamen wie bei Opel sogar ab. „Ich finde das lächerlich. Wer fragt schon: „Wollen Sie meinen neuen Karl sehen?““