Teilweise gleich - Die Markenpolitik der Autokonzerne
Duisburg/Essen (dpa/tmn) - Viele Automobilkonzerne setzen auf Zweit- und Drittmarken - gerne im Niedrigpreisbereich, um die Absatzzahlen anzukurbeln. Aber wie viel Renault steckt beispielsweise in einem Dacia und wie viel Volkswagen in einem Skoda?
Duisburg/Essen (dpa/tmn) - Viele Automobilkonzerne setzen auf Zweit- und Drittmarken - gerne im Niedrigpreisbereich, um die Absatzzahlen anzukurbeln. Aber wie viel Renault steckt beispielsweise in einem Dacia und wie viel Volkswagen in einem Skoda?
Wer sich in einen Skoda Octavia setzt, fühlt sich schnell an den Passat von Volkswagen erinnert. Das ist kein Zufall, schließlich gehört der tschechische Autobauer zur VW-Großfamilie. Mit Skoda will der Konzern eine andere Käuferschicht als die Golf- und Passat-Kunden erreichen: „Preislich sind wir unterhalb der Schwestermarke VW positioniert“, sagt Skoda-Sprecher Karel Müller. Die Modelle würden zwar an eigenen Standorten in Tschechien produziert, die Marke profitiere aber vom Zugang zum technischen Netzwerk des VW-Konzerns was zum Beispiel Motoren und viele Bedienelemente betrifft. Kein Einzelfall in der Branche.
Angesichts der vielen Ähnlichkeiten bleibt es nicht aus, dass sich angestammte Passat-Kunden für den rund 4000 Euro günstigeren Octavia entscheiden. „VW hat sich mit Skoda ein Eigentor geschossen, denn die Marken liegen zu dicht zusammen“, sagt der Automobilexperte Prof. Ferdinand Dudenhöffer vom CAR-Institut der Universität Duisburg-Essen. Auch die Trennlinie zu Seat sei nicht scharf genug. „Bei einer Mehrmarkenstrategie besteht die Kunst darin, die Marken gut gegeneinander abzugrenzen“, sagt er und verweist auf das Beispiel von Dacia und Renault.
Das rumänische Unternehmen Dacia ist eine hundertprozentige Tochter von Renault, bietet aber die deutlich günstigeren Modelle an - obwohl viel französische Technik in den Autos steckt: „Instrumententafel und Schalthebel beispielsweise stammen bei allen Dacia-Modellen aus dem Clio II“, erläutert Renault-Sprecherin Simone Müller. Auch bei Motoren, Fahrwerkstechnik, Elektronik und Navigationssystemen gibt es viele Überschneidungen. Der Allradantrieb des Dacia Duster kommt vom Allianzpartner Nissan und ist identisch mit jenem im Qashqai.
Während im Niedrigpreisbereich hohe Fahrzeugstückzahlen produziert werden, gelten Luxusmarken laut Dudenhöffer für die Konzerne als besonders lukrativ: Dort lockten hohe Margen. Deshalb würden immer mehr Autobauer auch auf diesem Markt mitmischen. VW zum Beispiel hat Bentley und Bugatti, BMW hat Rolls Royce. Citroën setzt seine Strategie mit den edleren DS-Modellen fort. Und auch bei Toyota und Nissan gibt es eigene Top-Marken.
Während der Toyota-Ableger Lexus schon länger etabliert ist, rückte die Nissan-Marke Infiniti hierzulande vor allem durch das Engagement im Formel-1-Rennstall Red Bull Racing mit Starpilot Sebastian Vettel in den Fokus. Viele Infiniti-Kunden seien besonders technikaffin, sagt Firmensprecherin Julia Richter. Das erklärt die Ausrichtung der Marke: Neben einem ausgefallenen Karosseriedesign wartet Infiniti mit Technik-Features wie elektronischer Lenkung, einem Touchscreen-Doppel im Cockpit und Smartphone-Einbindung auf. Identisch bei Nissan und Infiniti ist zum Beispiel das Sicherheitsgurtsystem.
Aus dem Daimler-Konzern ist dagegen eine Luxusmarke verschwunden: Nachdem Maybach im Jahr 2002 zunächst wiederbelebt wurde, rollte rund zehn Jahre später der vorerst letzte Wagen mit diesem Namen vom Band. „Eine Weiterentwicklung der bestehenden Modelle wäre wirtschaftlich nicht sinnvoll gewesen“, erklärt Mercedes-Sprecher Michael Allner. Potenzielle Maybach-Kunden sollen mit der neuen Mercedes S-Klasse erreicht werden, die es bald auch in einer besonders vornehmen Variante mit Maybach als Namenszusatz geben wird. „Wir bieten dort Ausstattungen an, die es bis dato nur im Maybach gab, etwa einen Liegesitz im Fond oder ein elektrotransparentes Schiebedach“, so Allner.
Im Gegensatz dazu steht die Daimler-Submarke Smart außer Frage. „Wir sind innerhalb des Konzerns der Thinktank für urbane Mobilität und bringen uns überall sehr stark ein“, erläutert Nadine Toberer von Smart. „Viele Mitarbeiter rotieren auch zwischen den verschiedenen Marken.“ Smart spricht sowohl die Auto-Einsteiger an, profitiert aber auch von seinem Image als günstiges Gelegenheitsauto in Städten. Wer einen Smart fährt, hat aber immer auch viel Mercedes-Technik an Bord, denn sowohl der Zweisitzer als auch der Viersitzer wurden von Mercedes-Ingenieuren maßgeblich mitentwickelt. Welche Teile genau bei beiden Marken identisch sind, verrät Daimler allerdings nicht.