Kräftiger Sound oder bloß Krach? Ärger um Motorräder
Aachen (dpa) - In manchen Regionen sind die Leute bedient, wenn gutes Wetter ist. Die ersten Motorräder röhren durchs Land. Und damit bricht der Konflikt wieder auf: Anwohner und Touristen kontra Motorradfahrer.
Die einen wollen ihre Ruhe, die anderen genießen den Sound ihrer Maschine. Aber mit diesem ist das wie mit der Musik: Ist sie zu laut, gibt es Ärger.
Ein Mann aus der Eifel wünscht sich in einem Brief an den Bürgermeister von Simmerath in Nordrhein-Westfalen, Karl-Heinz Hermanns, dass er sich künftig nicht auf Regentage freuen muss, damit er seine Ruhe hat. Und auch beim Amtskollegen Detlef Lins aus Sundern im Sauerland haben sich schon die ersten entnervten Leute gemeldet. „Nach dem ruhigen Winter ist es für die Leute zu Beginn der Saison extrem schlimm“, erzählt er. Zur großen Keule, den Straßensperrungen, wolle man nicht greifen. Das würde ja auch die „Vernünftigen“ treffen, die zu Tausenden als Tagestouristen kommen.
Der Sound gehöre für die Fahrer zur Maschine wie das Design und das Image, sagt der Verkehrspsychologe Hartmut Kerwien, der selbst Motorradfahrer ist. Ein gleichmäßiger, kräftiger, dunkler Sound - „der gibt das richtige Feedback auf das Fahrvergnügen“, sagt er. Die EU-Normen würden die Hersteller zu immer gedämpfteren Auspuffanlagen zwingen, unförmige Teile, wie Kerwien meint. Viele kauften deshalb Nachrüstschalldämpfer.
Den „Dezibel-Eater“ darin kennt jeder - und eine Minderheit baue den dann eben aus, damit der Sound so richtig rauskommt. Mit den Ergebnissen einer Studie erklärt Kerwien den Sinn: Der Sound - für andere ist das Lärm - steigere den Fahrgenuss und vermittele auch Gefühle wie Macht und Kraft.
Simmerath und Sundern gehören zu den knapp 20 Kreisen und Kommunen in Nordrhein-Westfalen, die unlängst einen Forderungskatalog mit schärferen Maßnahmen gegen Raser, Heizer und Manipulierer verabschiedet haben. Wirksame Sanktions-Instrumente gibt es, man muss sie nur nutzen, wie der zuständige Referent des Bundesverkehrsministeriums, Bernd Schüttler, antwortete.
Wer am Nürburgring mit manipuliertem Schalldämpfer erwischt werde, der riskiere, kurzerhand Fußgänger zu werden: Die Polizei beschlagnahmt den Schalldämpfer als Beweismittel und legt die Maschine still. „Am Nürburgring wird das so gemacht. Und das tut den Motorradfahrern dann richtig weh“, sagte Schüttler.
Das Geräuschproblem sei in den südlichen europäischen Ländern weniger ein Problem als in Mitteleuropa, sagt er und bestätigt damit indirekt Achim Kuschefski. Der Leiter des Essener Instituts für Zweiradsicherheit meint, dass der Motorradlärm eher ein gesellschaftliches denn ein technisches Problem sei: Die Anwohner wollen ihre Ruhe, und die Biker eben fahren.
Und dann verweist er auf diese Geschichte über die Mitarbeiter eines Importeurs von Geländemotorrädern: Die drehen in der Mittagspause auf den Maschinen ein paar Runden übers Firmengelände. Die Nachbarn rufen die Polizei, wegen Lärmbelästigung. Die Polizei kommt und wundert sich: Es sind Elektromotorräder, fast geräuschlos.