Mehr als eine Bagatelle: Wenn kleine Schrammen teuer werden

Berlin (dpa/tmn) - Rund 2,4 Millionen Unfälle erfasst die Polizei nach Angaben des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) jährlich. Die tatsächliche Zahl dürfte noch weit darüber liegen, denn vor allem Unfälle mit geringem Sachschaden werden oft ohne Polizei geregelt.

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Wenn etwa ein Fahrzeug beim Ausparken das Blinkerglas eines anderen Autos beschädigt oder das Öffnen einer Tür einen Kratzer beim Nachbarauto hinterlässt, ist die Schuldfrage in der Regel eindeutig. Verursacher und Geschädigter können dann die Adressen austauschen und sich darauf verständigen, den Schaden ohne Versicherung zu regeln.

In vielen Fällen funktioniert die Abwicklung dann allerdings nicht reibungslos. „Es reicht nicht aus, einfach nur eine Visitenkarte hinter den Scheibenwischer zu klemmen“, sagt Jens Dötsch, Fachanwalt für Verkehrs- und Versicherungsrecht.

Das könne als Unfallflucht gewertet werden und sowohl eine Geldstrafe als auch den Führerscheinverlust zur Folge haben. „Die Rechtsprechung sieht eine Wartezeit von rund 30 Minuten als erforderlich an“, erklärt Dötsch. Sollte der Geschädigte auch dann noch nicht zurückgekommen sein, sollte die Polizei noch von der Unfallstelle aus angerufen werden.

Auch im umgekehrten Fall, wenn ein Autofahrer nach der Rückkehr zu seinem Wagen einen Schaden bemerkt, sollte in jedem Fall die Polizei verständigt werden. „Die stellt Ermittlungen an und kann gegebenenfalls den Unfallverursacher ausfindig machen“, betont Dötsch. Gerade Parkplätze von Einkaufszentren werden meist auch von Videokameras erfasst, deren Bilder ausgewertet werden können.

Ohne offizielle Unfallaufnahme könnte die Versicherung die Kostenübernahme verweigern. Der GDV selbst hält bei Bagatellunfällen eine polizeiliche Unfallaufnahme nicht für zwingend erforderlich: „Wenn der Unfallschaden wenige hundert Euro nicht übersteigt, können die Beteiligten auch selbst ein Unfallprotokoll aufnehmen“, sagt GDV-Sprecherin Una Großmann. Es sollte alle wichtigen Informationen wie Kennzeichen, Namen und Adressen sowie Ort und Zeitpunkt des Unfalls enthalten und sich am Europäischen Unfallbericht orientieren.

„Hilfreich ist auch, Fotos vom eigenen und gegnerischen Schaden zu machen und die gesamte Unfallstelle von verschiedenen Perspektiven aus zu fotografieren“, erklärt Großmann. Wurden Personen verletzt oder war Alkohol im Spiel, sollte in jedem Fall die Polizei informiert werden.

Auch wenn ein Autofahrer einen Kleinschaden aus eigener Tasche bezahlen will, sollte er ihn innerhalb einer Woche seiner Versicherung melden. Stellt sich später heraus, dass die Schadenshöhe doch größer ist, kann der Autofahrer den Schaden dann von seiner Vollkasko-Versicherung bezahlen lassen.

Um eine erste Einschätzung zu bekommen, ob ein größerer Schaden vorliegt und ein Gutachten sinnvoll ist oder ein Kostenvoranschlag ausreicht, genügt meist der Gang zur Werkstatt des Vertrauen. „Tückisch sind insbesondere Unfälle, bei denen die Stoßstange in Mitleidenschaft gezogen wird“, sagt Markus Schäpe vom ADAC. Denn auch wenn äußerlich nicht viel zu erkennen ist, könnten Pralldämpfer, Träger oder verdeckte Bleche beschädigt sein.