Studie: Quads sind schlecht zu lenken - hohes Todesrisiko

Neumünster (dpa) - Quad-Fahrer leben gefährlich: Das Risiko von Verletzung oder Tod ist mit den klobigen Flitzern rund zehn Mal höher als mit dem Auto. Die Ergebnisse einer Studie über die motorrad-ähnlichen Fahrzeuge wurde nun vorgestellt - und Konsequenzen gefordert.

Das extrem hohe Unfallrisiko von Quads mit schweren Verletzungen und Todesfällen belegt erstmals eine breit angelegte Studie der Unfallforschung der Versicherer (UDV). „Das Risiko, bei einem Unfall schwer verletzt oder getötet zu werden, ist mit einem Quad rund zehn Mal höher als mit dem Auto“, sagte der Leiter der wissenschaftlichen Einrichtung, Siegfried Brockmann, bei der Präsentation der Ergebnisse am Donnerstag (24. Oktober) in Neumünster. „Dabei verursachen Quad-Fahrer gut 85 Prozent der Unfälle, in die sie verwickelt sind, selbst.“ Das Unfallrisiko ist pro gefahrenem Kilometer doppelt so hoch wie beim Auto, ergab die Studie.

Ein Crashtest auf der örtlichen Dekra-Anlage zeigte, wie schlecht die motorrad-ähnlichen Fahrzeuge mit vier dicken Reifen Kurven nehmen können und deshalb oft verunglücken. Dabei schaffte bereits ein 52 km/h schnelles Quad eine Kurve nicht, das 330 Kilo schwere Fahrzeug prallte gegen Baumpfähle, überschlug sich mehrfach und der „Fahrer“ - ein Dummy - schleuderte weit durch die Luft. Rund 40 Prozent aller Quad-Unfälle passieren laut Studie ohne jede Fremdeinwirkung, meistens einfach weil die Maschinen von der Straße abkommen oder wegen Fahrfehlern.

Gleich mehrere Gründe sind für das schlechte Fahrverhalten und die schwierige Handhabung der schätzungsweise rund 150 000 Quads in Deutschland verantwortlich. So haben viele Quads kein Differential, Innen- und Außenrad sind in Kurven also gleich schnell. Hinzu kommt, dass der Fahrer Gas mit dem Daumen gibt wie bei einer Klingel. „Das ist ein verdammt kurzer Weg, die Maschinen schießen bei ruckartigem Gasgeben förmlich ab“, sagte Brockmann. „Und das Lenken ist extrem schwergängig, ich habe mir am Vortag bei einer Fahrt eine Schulterzerrung geholt.“ Der Experte sprach von einer „unheiligen Allianz“: „Es fehlt ein Differential, die Schubkräfte sind sehr hoch und bei einer Vollbremsung gibt es kein ABS.“

Ein gravierendes Problem sieht der Experte auch in den bestehenden Regelungen, wer überhaupt aufs Quad darf. So können bereits 16-Jährige mit Mopedführerschein (Klasse S bzw. AM) kleine Quads bis 4 kW mit 45 km/h Höchstgeschwindigkeit fahren. Solche Maschinen würden aber oft schneller gemacht, sagte Brockmann. Wer einen Autoführerschein hat, darf mit Quads (bis 15 kW) losbrettern, die an die hundert Sachen fahren können.

Manche Hersteller haben noch leistungsstärkere Quads im Angebot, die als land- oder forstwirtschaftliche Zugmaschinen klassifiziert sind. Sie haben dann unter anderem eine Anhängerkupplung und eine Feststellbremse und dürfen offiziell nur bis zu 40 oder bis zu 60 km/h fahren. Die langsameren Zugmaschinen-Quads können bereits 16-Jährige mit „Treckerführerschein“ (Klasse L) fahren, für die anderen gilt der ebenfalls für Zugmaschinen gedachte Führerschein der Klasse T. Eine Problem besteht darin, dass die gedrosselte Höchstgeschwindigkeit von Zugmaschinen rückgebaut werden kann.

„Ich halte es für ein Unding, dass man mit ungeeigneten Führerscheinen Quads fährt“, sagte Brockmann. Die Forderung nach einem speziellen Quad-Führerschein auf EU-Ebene sei leider unrealistisch, eine Alternative wären dokumentierte Einweisungen und Übungsfahrten beim Kauf eines solchen Flitzers. Und an die Hersteller ging sein eindringlicher Appell, umgehend freiwillig nur noch Quads mit Differential anzubieten und nicht erst ab 2016 - wie von der EU vorgeschrieben. Außerdem gelte es den Missbrauch von Quad-Zugmaschinen in Grenzen zu halten werden, etwa durch die Vorgabe nur eng begrenzter lokaler Fahrbereiche.

Die Versicherungen haben keine Handhabe, Quads abzulehnen. Jede Versicherung müsse jedes versicherungspflichtige Fahrzeug versichern, hieß es. Die Höhe der Prämie richte sich nach den Unfällen der fünf Vorjahre. „Wenn Quadfahren eine Risiko-Sportart wäre, wäre es schon verboten“, meinte Brockmann. Er verwies auf die Sicherheitsauflagen etwa für Veranstalter von Bungee-Springen und fügte hinzu: „Man wundert sich, was zum Austoben auf der Straße alles erlaubt ist.“