Hyundai i20: Großer Auftritt für den Kleinen
Berlin (dpa-infocom) - Bieder und billig - das war einmal. Heute sind Kleinwagen außen fesch und innen vornehm. Ausgerechnet der einstige Preisbrecher Hyundai setzt sich jetzt mit der zweiten Auflage des i20 an die Spitze dieser Bewegung.
Es ist gerade mal drei Jahre her, da hat Hyundai mit dem i30 selbst VW-Chef Martin Winterkorn überrascht („Da klappert nix“). Wenn die Asiaten im Dezember zu Preisen ab 11 950 Euro den kleinen Bruder i20 an den Start bringen, dürfte der Vorstandsvorsitzende aus Wolfsburg den Kleinwagen deshalb ganz genau unter die Lupe nehmen. Was er da zu sehen bekommt, wird ihm nicht recht gefallen. Denn einmal mehr kommen die Koreaner den deutschen Platzhirschen gefährlich nahe und lassen Polo und Co. mit ihrem neuen Modell ganz schön alt aussehen.
Fahrgefühl wie ein großer
Das Fahrverhalten ist allenfalls gehobener Durchschnitt. Erst recht mit dem bekannten Basis-Benziner mit 1,2 Litern Hubraum und 55 kW/75 PS. Auch wenn der Motor angenehm ruhig läuft und das Auto insgesamt so kultiviert und komfortabel fährt, wie man es sonst eher von größeren Modellen gewohnt ist, wirkt der Koreaner ein bisschen kraftlos. 122 Nm sind eben nicht die Welt. Man muss ganz schön oft zur Fünfgang-Schaltung greifen, wenn der Spaß nicht auf der Strecke bleiben soll.
Oder man wechselt auf einen der stärkeren Benziner mit 62 kW/84 PS oder 74 kW/100 PS. Dann kann man immerhin bis zu 184 km/h schnell fahren. Wer lieber sparen als spurten möchte oder mit einem Normverbrauch von 4,8 Litern (CO2-Ausstoß 112 g/km) nicht zufrieden ist, der steigt auf einen der beiden Diesel mit 55 kW/75 PS oder 66 kW/90 PS um und freut sich über bestenfalls 3,2 Liter (84 g/km).
Das Design ist ein großer Wurf
Erstens ist mit einem neuen Turbo-Dreizylinder mit 88 kW/120 PS bereits eine ernsthafte Alternative für sportliche Sparer oder sparsame Sportler in Sicht. Zweitens gibt es diesseits der Motorhaube nun wirklich keinen Grund zur Klage. Im Gegenteil: Schon das Design ist ein großer Wurf, weil sich der i20 mit einem markanten Gesicht, mit einer scharfen Linie auf der Flanke, charmant ausgestellten Hüften und einem ganz schön knackigen Heck endlich von der alten Beliebigkeit verabschiedet. Außerdem haben die Koreaner in ihrem europäischen Designstudio in Rüsselsheim auch noch die Proportionen zurecht gerückt, das Auto auf seiner neuen Plattform etwas flacher gedrückt und die Karosserie dafür ein paar Zentimeter in die Länge und die Breite gezogen.
Was wirklich überzeugt am neuen i20, das ist sein Innenraum. Nicht nur, weil er bei knapp fünf Zentimetern mehr Radstand vorne nun großzügig und hinten mehr als ausreichend Platz für die Knie der Insassen bietet und obendrein der Kofferraum mit 326 Litern zu den größten in dieser Klasse zählt. Sondern vor allem, weil der Koreaner in Materialauswahl und Verarbeitungsgüte ein echtes Kleinod geworden ist: Wo man auch hinschaut und was man auch anfasst, immer macht der i20 einen betont noblen Eindruck und rüttelt damit schmerzhaft am Selbstbewusstsein der teuren Konkurrenz aus Wolfsburg und Co. Weiches Leder, vornehme Kunststoffe, glänzendes Chrom und nobler Klavierlack - da steht der i20 einem Polo oder einem Corsa in nichts nach. Erst auf den zweiten oder dritten Blick findet man dann doch ein paar Details wie die Sonnenblende oder den Handbremshebel, die nicht ganz so handschmeichlerisch geraten sind.
Hightech in der Optionsliste
Hyundai belässt es nicht beim schönen Schein, sondern sorgt für die nötige Substanz. Der Autobauer gibt dem i20 eine üppige Ausstattung mit auf den Weg. Natürlich klettert mit dem Komfort auch der Preis. Aber wer den strammen Marsch in Richtung 20 000 Euro-Marke nicht scheut, der bekommt neben einer Sitzheizung auch einen Lenkradwärmer, das größte Glasdach im Segment und jede Menge elektrischer Helfer. Außerdem baut Hyundai sechs Airbags ein und rüstet den i20 als einen der ganz wenigen Kleinwagen mit einem Spurhalte-Assistenten aus.
Einzig beim Infotainment klafft eine Lücke. Dort, wo mittlerweile die Kleinstwagen mit pfiffigen Online-Systemen punkten, haben die Koreaner fürs Erste nur eine Dockingstation fürs Smartphone zu bieten. Eine integrierte Navigation soll immerhin im nächsten Jahr folgen, aber Web-Services oder wenigstens eine Mirrorlink-Verknüpfung zwischen Auto und Handy haben sie nicht auf dem Zettel. Wenigstens das wird Herr Winterkorn mit Freuden bemerken.
Fazit: Ein Kleinwagen für den großen Auftritt
Es ist noch nicht lange her, da wurde man in einem Kleinwagen aus Korea bisweilen ein bisschen schräg oder von oben herab angesehen. Aber damit macht der i20 endgültig Schluss. Mit seinem schnittigen Design, dem noblen Innenleben und der üppigen Ausstattung ist der Kleine bereit für den großen Auftritt.
Datenblatt: Hyundai i20 1.2
Alle Daten laut Hersteller, GDV, Schwacke