Jaguar C-X17: Für den Adel auf Abwegen

Berlin (dpa-infocom) — Jetzt bloß nichts kaputt machen. Gaaaanz vorsichtig öffnet der Techniker die Tür und lässt mich auf die dünnen Ledersitze gleiten. Jetzt kann die Fahrt beginnen - mit der millionenschweren Designstudie C-X17 von Jaguar.

Sitz einstellen? Geht nicht. Gurte? Gibt es keine. Und den Motor startet man noch mit dem Schraubenschlüssel. Denn der Jaguar C-X17 ist kein Serienauto. Hier steht eine teure Designstudie, die eigentlich nur für den Auftritt auf der Internationalen Automobil-Ausstellung (IAA) im Herbst in Frankfurt gebaut wurde. Um zu beweisen, wie ernst es die Briten mit der Erweiterung ihrer Modellpalette meinen, haben sie das Einzelstück zum ersten Mal auf die Straße entlassen.

Ein Jaguar, wie es noch keinen gab

Was sonst mit Samthandschuhen von der Bühne meist direkt ins Museum geschoben wird, steht deshalb jetzt glänzend in der Morgensonne auf einer Wüstenpiste und strapaziert das Vorstellungsvermögen. Schließlich ist der C-X17 ein Jaguar, wie es vor ihm noch keinen gab: Der 4,72 Meter lange Silberling ist keine sportliche Limousine, kein elegantes Coupé und kein potenter Roadster, sondern das erste SUV der Nobelmarke. Wenn alles so läuft, wie Designer und Ingenieure hoffen, könnte der Wagen schon 2015 gegen Porsche Cayenne und Co antreten.

Mit Blick auf das eigene Image und mit Rücksicht auf die Schwestermarke Land Rover ist der C-X17 allerdings kein typischer Vertreter seines Genres. Nicht grob und kantig, sondern athletisch und muskulös steht der Allradler auf der Straße und duckt sich tiefer auf den Asphalt als die meisten Konkurrenten. Flach, breit und mit einem gierigen Gesicht sieht er schon im Stand ungeheuer schnell aus.

380 PS und trotzdem nur Schritttempo

Noch ist das nur ein frommer Wunsch der Designer, den die Entwickler nicht erfüllen können. Denn auch wenn unter der Haube des Showcars der drei Liter große V6-Kompressor mit 280 kW/380 PS aus dem F-Type steckt und befreit von allen Restriktionen ganz hemmungslos sein heißeres Lied von der Lust an der Leistung brüllt, kann man das Einzelstück nur mit der gebotenen Vorsicht bewegen.

Ein paar sanfte Gasstöße für den guten Ton, ein verhaltenes Rollen für Foto und Video - auch wenn locker 270 Sachen drin sein sollten, wollen die Briten ihrem Hoffnungsträger nicht viel mehr zumuten.

Mittendrin statt über den Dingen

Einen echten Fahreindruck bekommt man vom Jaguar für den Adel auf Abwegen so natürlich noch nicht. Doch was man schon jetzt spüren kann, ist die betont dynamische Auslegung. Denn man thront nicht auf den Sitzen wie im Range Rover, sondern man kauert förmlich darin. So fühlt man sich nicht wie ein unbeteiligter Zuschauer und wird stattdessen sofort zu einem Teil des Ganzen. Man hat den Wagen perfekt in der Hand, will einfach nur Gas geben und heftet den Blick schon mal im vorauseilenden Gehorsam an den Horizont.

Das ist schade. Denn wer nur aus der flachen Frontscheibe schaut, dem entgeht ein spektakuläres Cockpit. Die zwei kleinen Tuben hinter dem Lenkrad mit ihrer fast hypnotischen Tiefenwirkung mag man zumindest aus dem Augenwinkel noch erkennen. Doch auch die Mittelkonsole wäre einen Blick wert. Denn komplett aus dunklem Rauchglas gefertigt, schimmern unter ihr mehrere vernetzte Bildschirme, über die man das Klima regeln, das Infotainment-Programm sortieren und seine Apps abrufen kann - übrigens nicht nur in der ersten Reihe, sondern auch von beiden Einzelsitzen im überraschend geräumigen Fond aus.

Neue Plattform und neue Motoren in Arbeit

Noch ist der C-X17 nur der verheißungsvolle Vorbote einer neuen Modellvariante, für die es offiziell noch nicht einmal eine Bestätigung gibt. Weil Jaguar auf der selben Basis schon im nächsten Jahr eine neue Einstiegslimousine präsentiert, steht zumindest das technische Gerüst, das irgendwann einmal auch das SUV tragen könnte. Nicht umsonst entwickeln die Briten gerade eine neue Familie von aufgeladenen Vierzylindern für Benzin und Diesel sowie eine komplette neue Plattform.

In allen wichtigen Dimensionen weitgehend variabel sowie für Heck- und Allradantrieb ausgelegt, soll sie in Zukunft alle Modelle tragen. Weil sie komplett aus Aluminium gefertigt wird und deshalb einen Gewichtsvorteil von bis zu 40 Prozent bietet, versprechen die Entwickler gewaltige Fortschritte bei Elan und Effizienz. Die mögliche Serienfassung des C-X17 soll deshalb nicht nur zu den sportlichsten SUV, sondern auch zu den sparsamsten zählen.

Fazit: Cayenne und Co können sich warm anziehen

Könnte, sollte, würde: Schade, dass jeder im Team über den C-X17 nur im Konjunktiv spricht. Zwar gibt es noble Geländewagen mittlerweile wie Sand am Meer. Doch ist der Markt so groß, dass auch für einen Jaguar noch Platz wäre — erst recht, wenn er so schnittig und sportlich daher kommt wie die Studie. Ein Bruderzwist mit Land Rover wäre nicht zu befürchten. Aber Cayenne und Co könnten sich warm anziehen.