Lamborghini Aventador: Kampfjet für die Straße
Berlin (dpa-infocom) - Die gesamte Autowelt kämpft gegen den hohen Benzinverbrauch. Die gesamte? Nein! Ein kleiner Sportwagenhersteller lässt sich die Lust an der Leistung nicht vermiesen: Lamborghini.
Er schickt im Sommer den Aventador auf die Straße.
Wenn der Aventador an den Start geht, werden die 20 Prozent Verbrauchsminderung zur Nebensache. Auch über den Preis von mehr als 300 000 Euro verliert kein Kunde ein Wort. Was zählt, sind allein das messerscharfe Design, der brüllend laute Sound und die schier unendliche Leistung des Motors. Mit 515 kW/700 PS katapultiert der V12 den Wagen auf 350 km/h.
Kompromissloses Design
Schon das Design des Hochleistungs-Coupés ist kompromisslos. Wo andere filigrane Linien suchen und auf elegante Kurven setzen, ist der Aventador wie mit dem Beil geformt. Die Kanten sind scharf wie die Klinge eines Rasiermessers und die Proportionen beinahe Angst einflößend: Wenn sich der nur 1,14 Meter hohe, aber 2,03 Meter breite Zweisitzer wie ein Abfangjäger in den Rückspiegel schiebt, dann räumt jeder die linke Spur. Schießt er vorbei, sieht man ein Heck, das an einen Starfighter erinnert. Die LED-Rückleuchten glühen wie der Nachbrenner einer Turbine, die Lüfter für den unter Glas drapierten Heckmotor sind schwarz und bedrohlich wie der Schlund der Hölle. Und der Auspuff ist groß wie ein Jet-Triebwerk.
Die Analogie zum Düsenflieger ist nicht verkehrt: Sobald man sich unter den Guillotinengleichen Türen hindurch geschlängelt hat, fühlt man sich wie ein Kampfpilot. Festgeschnallt in enge, aber bequeme Sitze kauert man nur zwei Handbreit über dem Asphalt. Man sieht die Welt durch einen schmalen Schlitz und fixiert die ungewöhnlichsten Instrumente. Mit Monitoren statt analogen Zeigern bestückt, rangieren sie irgendwo zwischen Playstation und Kampfjet und haben beinahe hypnotische Wirkung.
Ein Triebwerk mit 6,5 Litern Hubraum
Faszinierender ist nur der von einer roten Klappe geschützte Knopf auf der Mittelkonsole. Wo Jetpiloten ihre Raketen abschießen, startet der Lamborghini-Fahrer seinen Motor - auch das passt. Schließlich hat der Treibsatz im Heck 6,5 Liter Hubraum, 515 kW/700 PS und 690 Nm. Damit macht er ein höllisches Spektakel. Und er prügelt den 1,6 Tonnen schweren Donnerkeil so brachial voran, dass man die Regeln der Physik fast vergessen mag. Wer einmal in 2,9 Sekunden von 0 auf 100 katapultiert wurde, nach 8,9 Sekunden bei 200 Sachen ist, und sich dann nach einer Geraden sehnt, die lang genug für 350 km/h ist, der weiß, warum der Lamborghini Aventador heißt. Das erinnert nicht nur an einen berühmten Kampfstier, sondern bedeutet auf Spanisch auch einen Tritt in den Hintern.
Zwar gelten Supersportwagen als hoffnungslos veraltet. Doch technisch ist der Avantador seiner Zeit sogar weit voraus. Die Karosserie ist komplett aus Karbon gebacken. Das sogenannte Pushrod-Fahrwerk kommt direkt aus der Formel 1, und das automatisierte Schaltgetriebe wechselt die sieben Gänge bestenfalls in 50 Millisekunden. So schnell sind nicht einmal Profis.
Verbissen im Asphalt
Das alles führt zu einem schier unvergleichlichen Fahrverhalten. Der Allradler beißt sich förmlich in den Asphalt, klebt in der Kurve und hält unbeirrbar seine Spur. Dabei lässt sich das Auto überraschend einfach und zahm fahren - zumindest, solange man im „Strada“-Modus unterwegs ist. Wechselt man allerdings auf „Sport“ oder „Corsa“, wird der Aventador mit jedem Tastendruck brutaler: Die Drehzahlen schnellen nach oben.
Die Gänge schlagen im Getriebe ein. Der Allradantrieb neigt zum Übersteuern und lässt fein dosiert das Heck kommen. Eben noch protziger Boulevard-Bolide für Superreiche wird der Aventador so zum Präzisionssportwagen für PS-Profis. Mit entspanntem Fahren ist dann aber nichts mehr: Drei Runden reichen, damit das Hemd am Rücken klebt, die Knie zittern und die Hände feucht werden.
Fazit: Ein faszinierendes Spielzeug
Bei aller Begeisterung für den Reiz des Rasens: Auch mit Karbon-Karosserie und 20 Prozent weniger Verbrauch passt der Aventador so gut in die Zeit, wie eine Dampflokomotive auf die ICE-Trasse. Er ist hoffnungslos unvernünftig, überzogen teuer, vollkommen übermotorisiert, völlig überflüssig - aber wahrscheinlich genau deshalb so faszinierend. Den Geschmack der reichen Raser jedenfalls hat er getroffen: Bis Ende 2012 ist er schon jetzt ausverkauft.