Nissan Leaf: Ein Stromer elektrisiert die Welt
Berlin (dpa-infocom) Mitsubishi i-Miev, Smart ed, Mini E, Opel Ampera oder Tesla Roadster Autos mit Elektroantrieb gibt es mittlerweile viele. Doch die sind entweder zu teuer oder nicht alltagstauglich.
Nissan will damit Schluss machen und bringt den Leaf heraus.
Der vergleichsweise unauffällige Fünftürer ist das erste Auto, das komplett um den Elektroantrieb herum entwickelt wurde und in Großserie produziert wird. Die Japaner haben ihn in weiten Teilen der Welt zum Jahreswechsel in den Handel gebracht — nur in Deutschland startet er erst Ende 2011. Mit einem Preis von etwa 35 000 Euro, der je nach staatlicher Förderung auf teils unter 30 000 Euro schmilzt, ist er vergleichsweise bezahlbar. Mit fünf Sitzplätzen und 4,45 Metern Länge geht er als echtes Auto durch.
Im Alltag hält der Stromer mit
Auch die Fahrleistungen sind alltagstauglich: Unter der Haube steckt ein Elektromotor mit 80 kW/109 PS. Dieser quittiert schon den ersten Tritt aufs Strompedal mit seinem maximalen Drehmoment von 280 Newtonmetern. Bei nur 1,6 Tonnen Gewicht reicht das für einen Start mit quietschenden Reifen. Zwar braucht der Stromer 11,3 Sekunden bis er Tempo 100 erreicht hat. Doch wo jedes Fahrgeräusch fehlt und der Start so vehement ist, fühlt sich der Wagen sehr viel schneller an. Jenseits der Stadtgrenzen lässt der Elan des Stromes kaum nach. Der Leaf schwimmt auf der Landstraße locker mit, auch auf der Autobahn ist er keine Spaßbremse zumindest bis Tempo 130. Danach wird es dünn, und bei 145 km/h ist der Leaf abgeriegelt.
Wichtiger als der Blick auf den Tacho ist bei einem Elektroauto die Anzeige für die Reichweite. Im Idealfall versprechen die Ingenieure für die 48 Akkupakete im Wagenboden genügend Strom für 160 Kilometer. Doch dafür muss man sehr vorausschauend fahren, alle Zusatzverbraucher abschalten und hin und wieder in den Eco-Modus wechseln. Er limitiert nicht nur die Leistung, sondern regelt auch die Klimaanlage herunter.
Jeder Sprint lässt den Radius schrumpfen
Doch auch im Normalbetrieb ist der Aktionsradius erstaunlich. Zwar kostet jeder Sprint ein paar Kilometer, bergauf bekommt die Reichweitenanzeige Schwindsucht und bei Vollgas auf der Autobahn wird der Japaner zum Kurzstreckenfahrzeug. Aber wer mit 130 Kilometern Reichweite startet und sich gelassen in den Verkehrsfluss fügt, kommt tatsächlich auf dreistellige Werte. Einen Tag im Stadtverkehr oder den Weg der Berufspendler vom Land ins Büro und zurück sollten kein Problem sein. Zumal die statistische Tagesfahrleistung unter 100 Kilometern liegt und Leaf-Kunden für Langstrecken einen kostenlosen Leihwagen bekommen.
Um den Kunden die Angst vor dem Ende der Reichweite zu nehmen, setzen die Entwickler auf viel Elektronik. Auf Knopfdruck blendet diese den aktuellen Aktionsradius über die Navigationskarte ein, sie aktualisiert online die Liste der Ladestationen und bietet rechtzeitig den Weg zur Steckdose an. Dort parkt der Leaf zum Volltanken acht Stunden. Es geht aber auch schneller: Ein Schnellladegerät stellt 80 Prozent der Akkuleistung in 30 Minuten wieder her.
Auf den ersten Blick ein normaler Kompakter
So zukunftsweisend der Antrieb des Leaf ist, so konventionell wirkt der Wagen ansonsten. Das Design ist auf ein extrem niedrigen Luftwiderstand ausgelegt. Im Detail wirkt er so ein bisschen seltsam. Durchs Cockpit flirren viele bunte Anzeigen und statt des Schaltknaufs gibt es einen witzigen Trackball. Denn ohne echtes Getriebe muss man nur zwischen vorwärts und rückwärts unterscheiden. Aber die Bedienung ist unkompliziert.
Leider haben die Japaner ein paar Macken aus der alten Welt übernommen: Beim Interieur haben sie ordentlich gespart und die Materialien lieblos ausgewählt. Der Kofferraum ist mit 330 Litern zwar standesgemäß, lässt sich aber durch das Umklappen der Rücklehne kaum erweitern. Denn dann bleibt eine Stufe im Boden. Und bei der Ausstattung fehlen Komfortmerkmale wie Ledersitze oder Assisistenzsysteme wie der Blick in den Toten Winkel. Aber dafür gibt es Außenlautsprecher, der Fußgänger mit einem Fiepen warnt.
Fazit: So kann die Zukunft kommen
Natürlich ist der Leaf ein bisschen teurer als andere Kompakte. Selbst der Toyota Prius kostet etwas weniger. Doch er ist das erste Elektroauto, das bald jeder kaufen kann. Und er ist das erste Elektroauto, das für den Alltag taugt. Wenn die Japaner jetzt noch den Innenraum aufmöbeln, kann die Zukunft kommen.