Porsche 911 Carrera S: Die Mutter aller Sportwagen
Berlin (dpa-infocom) - Einen neuen Porsche gibt es nicht alle Tage. Einen 911 erst recht nicht. Wenn Porsche Anfang Dezember nach 48 Jahren und 700 000 Exemplaren die siebte Generation des Sportwagens an den Start bringt, halten Schnellfahrer weltweit für einen Augenblick inne.
Sportwagen-Fans werden im Dezember gespannt nach Zuffenhausen schauen: Schließlich gilt das 911er Coupé als Mutter aller Sportwagen. Ein gewisses Budget ist für den Wagen allerdings Voraussetzung: Obwohl Porsche die Preise nur maßvoll erhöht hat, kostet der 911 künftig mindestens 88 037 Euro und wird für viele PS-Fans wohl auf ewig ein Traum bleiben.
Dem Original verpflichtet
Auch wenn es keine Linie mehr gibt, die noch vom Original von 1963 stammt, ist der Neue auf Anhieb als 911 zu erkennen. Designchef Michael Mauer hat die unverwechselbare Silhouette, die markante Topographie der Front mit den hoch aufragenden Kotflügeln und der flachen Haube sowie das knackige Heck beibehalten. Allerdings gibt es ein paar Details, über die Fans sicher streiten werden: Dass das Auto zehn Zentimeter mehr Radstand hat, fast sechs Zentimeter länger wird, ein wenig in die Breite geht und dafür flacher ausfällt, werden sie dank der sportlicheren Proportionen begrüßen. Doch am Heck gibt es vielleicht ein oder zwei Linien zu viel, die Rückleuchten wirken zu schmal und die Typenbezeichnung auf dem Blech ist lang wie ein Roman.
Innen bietet der 911 ebenfalls reichlich Raum für Diskussionen, vor allem wegen der mächtigen Mittelkonsole. Die einen fühlen sich an den Panamera, den Cayenne und nicht zuletzt an den Carrera GT erinnert. Die anderen allerdings vermissen den letzten Rest von Schlichtheit und Purismus, die einen Sportwagen ausmachen. Dessen unbenommen werden sich beide Lager über die deutlich liebevollere Ausstattung freuen und die etwas größeren Ablagen goutieren.
Innenraum zwischen Tradition und Moderne
Keiner wird sich daran stören, dass auf den beiden Notsitzen im Fond noch immer niemand ernsthaft Platz hat. Und alle werden froh darüber sein, dass ein paar Porsche-Prinzipien unverrückbar sind: Der Drehzahlmesser zum Beispiel ist im Cockpit noch immer in der Mitte, und der Zündschlüssel steckt wie eh und je auf der linken Seite.
Wie eh und je setzt Porsche beim 911 auf Sechszylinder-Boxermotoren. In der jüngsten Generation gibt es zunächst die Wahl zwischen einem 3,4-Liter-Motor mit 257 kW/350 PS im 911 Carrera und einem 3,8 Liter großen Aggregat im Carrera S. Er leistet 294 kW/400 PS, entwickelt bis zu 440 Newtonmeter Drehmoment und wirkt bei Vollgas wie ein Raketentreibsatz: Während die Doppelkupplungsautomatik die Gänge schneller wechselt als jeder Profirennfahrer und die Launchcontrol den perfekten Kavalierstart garantiert, schnellt der Sportwagen im besten Fall in 4,1 Sekunden auf Tempo 100. 160 km/h sind nach 8,7 Sekunden erreicht, und Schluss ist nur deshalb bei 302 km/h, weil auch noch Luft für ein paar sportlichere Ableger bleiben muss.
Bestleistung auf Nordschleife
Dass der neue Porsche 911 sportlicher geworden ist als je zuvor, sich noch leichter lenken und noch präziser fahren lässt, das belegt eine einzige Zahl: 7:40. Das ist die Zeit, in der Werksfahrer Walter Röhrl mit dem neuen Modell die legendäre Nordschleife umrundet hat, die bei Porsche als Urmeter für Sportwagen gilt. Damit hat er seinem kaum schwächeren aber 40 Kilo schwereren Vorgänger fast 15 Sekunden abgenommen. „Auf dem Rundkurs in der Eifel sind das Welten“, sagt Entwicklungschef Wolfgang Hatz.
Aber es sind nicht nur die klassischen Sportwagen-Tugenden, in denen der 911 nachlegt. Vor allem dort, wo man es von so einem Kraftmeier nicht erwartet, macht er eine noch bessere Figur. Zum Beispiel auf der Langstrecke: Mit dem längeren Radstand, der breiteren Spur und der Option auf einen aktiven Wankausgleich fährt man im neuen 911 auf der Autobahn fast so entspannt und gelassen wie in einer großen Limousine. Oder an der Tankstelle: Weil das Auto spürbar leichter ist, weil es eine Start-Stopp-Automatik und für die manuellen Getriebe einen siebten Gang gibt und weil die Nebenaggregate bedarfsgerecht versorgt werden, sinkt der Verbrauch um bis zu 16 Prozent. Im besten Fall gibt sich der 911 deshalb mit 8,2 Litern zufrieden, was einem CO2-Ausstoß von 194 g/km entspricht.
Fazit: Alles neu - und trotzdem ganz der Alte
Mehr als 90 Prozent aller Bauteile hat Porsche beim Wechsel von der Baureihe 997 auf 991 - so lauten die internen Bezeichnungen - ausgetauscht oder optimiert. Selten waren die Schwaben so gründlich. Doch selbst wenn der neue 911 größer ist als je zuvor, schneller fährt und weniger verbraucht: Auch nach fast 50 Jahren ist er im Grunde ganz der Alte geblieben.