Fahrbericht Renault Alaskan im Test: Für Arbeit, Sport und Spiel
Berlin (dpa-infocom) - Zum ersten Mal hat Renault einen Pick-up im Programm. Abgeleitet vom Navarra der Schwestermarke Nissan kommt er im November zunächst ausschließlich mit Doppelkabine und kurzer Ladefläche in den Handel und soll mindestens 36 900 Euro kosten.
Seine große Stunde schlägt am Samstagmorgen vor dem Baumarkt. Denn wo der gemeine SUV-Fahrer mühsam die Einkäufe in den Kofferraum wuchtet und tunlich darauf bedacht ist, ja keinen Krümel Blumenerde auf den Teppich zu bringen, lässt sich der Renault Alaskan sogar mit dem Gabelstapler laden.
Nutzfahrzeug mit Nebenwirkungen
Zwar zielen die Franzosen mit dem Pritschenwagen zuallererst auf Gewerbekunden und wollen mit einer Nutzlast von etwa einer Tonne und einer Ladefläche von gut 2,5 Quadratmetern ihre Transporter-Palette erweitern. Doch als SUV mit Mehrwert spricht der bullige Laster eben nicht nur Landschaftsgärtner, Viehzüchter oder Baufirmen an, sondern kann auch bei Privatkunden mit einem ausgeprägten Freizeitverhalten punkten.
Das beginnt bei der Blumenerde für den Garten und ist bei den Enduro-Motorrädern oder Mountain-Bikes auf der Pritsche noch lange nicht zu Ende. Nicht umsonst feiert Renault den Alaskan als ersten Pkw in der Modellfamilie, der eine vernünftige Anhängelast hat: 3,5 Tonnen sollten auch für Reiter oder Segler genügen.
Ambiente und Ausstattung wie im SUV
Wie gut der Firmenwagen fürs Grobe in die Freizeit passt, zeigt neben den feudalen Platzverhältnissen in der ersten Reihe und dem zumindest ausreichenden Sitzkomfort auf der Rückbank nicht zuletzt die Ausstattung, die in den gehobenen Varianten einem SUV der Mittelklasse in kaum etwas nachsteht. Natürlich sind die Schalter etwas rustikaler und die Materialien ein wenig robuster. Schließlich muss sich der Alaskan auch mal im Schlamm bewähren.
Doch es gibt trotzdem reichlich Lack und Leder und jede Menge elektrische oder elektronische Helfer - von der Sitzheizung über das schlüssellose Startsystem und die LED-Scheinwerfer bis hin zum Notbremsassistenten. Selbst eine 360 Grad-Kamera ist an Bord und erweist sich schnell als eines der wichtigsten Extras.
Nur mit Kraft auf Kurs zu halten
Aber auch mit Kamera-Unterstützung braucht man ein bisschen Kraft, wenn man den Alaskan auf Kurs halten will. Denn wie das Design ist auch das Fahrverhalten eher rustikal. Nicht nur der Wendekreis ist riesig und die Servolenkung allenfalls eine kleine Hilfe. Sondern auch die manuelle Sechsgang-Schaltung ist knorrig und fordert einen starken Arm.
Und wenn die Fuhre erst einmal in Fahrt ist, muss man schon einen schweren Fuß auf die Bremse stemmen, um die volle Wirkung der imposanten Scheiben abzurufen. Nur das Fahrwerk gibt sich ungewöhnlich zahm für einen Pick-Up mit der traditionellen Starrachse im Heck. Da zahlt es sich aus, dass Nissan die Blattfedern gegen Schrauben getauscht und die Achse mit mehreren Lenkern an den Leiterrahmen geschraubt hat.
Solide Arbeiter unter der Haube
Hinter dem wuchtigen Kühlergrill, der als einziges Design-Detail des Nissans von Renault verändert wurde, bauen die Franzosen auf einen 2,3 Liter großen Diesel, der mit 120 kW/163 PS oder 140 kW/190 PS angeboten wird und sich als solider Arbeiter erweist. Ein bisschen raubeinig vielleicht, vorlaut und alles andere als vibrationsarm, aber dafür kräftig und bei einem Normverbrauch von 6,3 Litern (167 g/km) überraschend genügsam, bringt der den Pick-Up flott in Fahrt. Zumindest unbeladen schafft er es dank seiner imposanten 450 Newtonmeter von 0 auf 100 km/h in 10,8 Sekunden und danach auf bis zu 184 km/h - so kann der Alaskan locker auf der SUV-Welle reiten.
Selbst wenn er von Renault Koleos und Co bei Vollgas trotzdem nur die Rücklichter sieht, kann sich die Kundschaft trösten. Denn spätestens wenn die Straße endet, beginnt die große Zeit des Pritschenwagens: Mit zuschaltbarem Allradantrieb und Geländeuntersetzung wird er zwar noch sperriger und man braucht zum Fahren noch mehr Kraft. Aber dafür kommt der Alaskan fast überall durch und damit auf jeden Fall weiter als jeder andere Renault vor ihm.
Fazit: SUV für Fortgeschrittene
Er ist praktischer und preiswerter, kommt auf der Straße gut mit und im Gelände sehr viel weiter, und in seiner modernen Doppelkabine fehlt es auch verwöhnten Kunden nicht an Ausstattung und Assistenz - so wächst der Alaskan über seine Rolle als reines Nutzfahrzeug fürs Landvolk hinaus und wird zur ehrlichen Alternative für alle SUV-Fahrer mit erhöhtem Freizeitanteil, die es ernst meinen und nicht nur auf Stelzen durch die Stadt staksen wollen.
Datenblatt: Renault Alaskan dCi 190
Alle Daten laut Hersteller, GDV, Schwacke