Fahrbericht VW Tiguan Allspace im Test: Wegen des Erfolgs verlängert
Berlin (dpa-infocom) - Die SUV-Welle unterspült weiter die Grenzen zwischen den einzelnen Fahrzeugkategorien: Weil selbst Großfamilien nicht mehr aus dem Geländewagen aussteigen wollen, nehmen die klassischen SUV immer mehr Anleihen beim Van.
Das macht VW künftig auch mit dem Tiguan.
Der neue VW Tiguan wird von November an für Preise ab knapp 30 000 Euro zum Allspace und will mehr Raum für mehr Möglichkeiten bieten will.
20 Zentimeter für mehr Freiheit im Fond
Der Allspace ist knapp 2000 Euro teurer als der normale Tiguan. Für seine neue Rolle an der Familienfront geht er um gute 20 Zentimeter in die Länge. Er streckt sich nun auf 4,70 Meter. Weil VW das Blech nicht einfach hinten angestückelt hat, sondern elf Zentimeter auf den Radstand und zehn Zentimeter auf den hinteren Überhang entfallen, hat der Allspace noch immer ausgewogene Proportionen.
Während der Allspace außen ein typischer Tiguan ist und man ihm die 4,70 Meter kaum ansieht, wirkt er innen um so größer. Erst recht, wenn man vor der offenen Kofferraumklappe steht. Bald zwei Meter tief ist der Laderaum bei umgeklappten Sitzlehnen, und mit 1920 Litern fasst der Allspace plötzlich mehr als mancher Kombi. Selbst wenn man die zweite Reihe aufstellt, bleiben bis zu 760 Liter übrig. Das sind 145 Liter oder drei Reisetaschen mehr als beim kurzen Tiguan.
Innere Größe
Die Platzverhältnisse sind so großzügig, dass VW für weitere 800 Euro erstmals in einem europäischen Geländewagen der Marke eine dritte Sitzreihe anbietet. Das macht den Allspace zum direkten Konkurrenten für den Skoda Kodiaq. Mit jeweils einem Handgriff kann man deshalb zwei weitere Klappsessel aus dem Wagenboden ziehen und die Nachbarskinder auch noch einladen. Zumindest in der Theorie.
In der Praxis ist das ein schwieriges Unterfangen. Denn während VW zumindest von Passagieren bis etwa 1,50 Metern spricht, mag man die Kletterpartie beim Einsteigen und die drangvolle Enge beim Sitzen eigentlich schon einem Vorschüler nicht mehr zumuten.
Für den Fahrer bleibt alles beim Alten
Während sich hinten also vieles ändert beim Allspace, bleibt vorne alles beim Alten: Ambiente, Ausstattung und Antrieb sind nahezu identisch mit dem kurzen Tiguan. Zwar merkt man der Materialgüte bei genauem Hinschauen an, dass der Allspace in Mexiko und nicht in Wolfsburg montiert wird. Doch auch wenn das Plastik manchmal etwas härter wirkt und das Leder etwas stärker glänzt, hat der Tiguan noch immer den wertigsten Innenraum diesseits der Premium-Modelle aus dem deutschen Süden.
Es gibt jede Menge Ablagen und im Cockpit flimmert auf Wunsch ein Digitaldisplay. Daneben hält der große Touchscreen des Infotainmentsystems die Verbindung zur Welt. Für den langen Tiguan werden wie für den kurzen eine Menge Extras vom Abstandsregeltempomaten bis zu den LED-Scheinwerfern angeboten.
Die Motorpalette ist nahezu identisch. Nur die jeweiligen Einstiegstriebwerke hat VW gestrichen. Los geht es deshalb bei den Benzinern mit einem 1,4-Liter mit 110 kW/150 PS, über dem ein 2,0-Liter mit 132 kW/180 PS oder 162 kW/220 PS und serienmäßigem Allrad rangiert. Bei den Dieseln hat man die Wahl zwischen drei Versionen eines 2,0-Liters mit 110 kW/150 PS bis 176 kW/240 PS, von denen die beiden stärkeren ebenfalls auf allen Vieren fahren.
Europa braucht einen harten Kurs
Einen nennenswerten Unterschied zur Kurzversion wird man beim Fahren kaum feststellen. Zumindest der mittlere Benziner hat mit seinen 320 Newtonmeter so viel Dampf, dass ihm die ein, zwei Zentner Mehrgewicht herzlich egal sind. Nicht umsonst beschleunigt er in 8,2 Sekunden von 0 auf 100 km/h und erreicht bis zu 208 km/h.
Viel wichtiger ist, dass VW für Europa eine andere Abstimmung wählt als für die USA. Denn mit Achtgang-Automatik statt siebenstufiger Doppelkupplung, mit einem für die Amerikaner betont weich ausgelegten Fahrwerk und einem besonders effizienten Verbrennungsverfahren leidet für eher dynamisch orientierte Europäer nachhaltig der Fahrspaß.
Fazit: Praktiker mit Sexappeal
Gestreckte Karosserie hin, dritte Sitzreihe her - mit einem klassischen Van kann der Tiguan auch als Allspace nicht konkurrieren. Aber die 20 Zentimeter sind dennoch ein Gewinn. Sie schaffen mehr Platz und damit mehr Möglichkeiten. Zur Not ist eine kurze Fahrt in der dritten Reihe immer noch besser als ein langer Fußweg. So wird der Allspace zwar nicht zum vollwertigen Ersatz, aber zu einer Alternative für den Touran. Und er macht das, was ihm an Praktikabilität noch fehlen mag, mit seinem Sexappeal locker wett.
Datenblatt: VW Tiguan Allspace 2.0 TSI
Alle Daten laut Hersteller, GDV, Schwacke