Wenn Werkstätten sich unterbieten - Kfz-Reparaturen ausschreiben
Berlin (dpa/tmn) - Verkehrte Welt: Wenn Autofahrer Reparatur- oder Wartungsaufträge im Internet ausschreiben, können sich Werkstätten mit einem Angebot beim Kunden um den Auftrag „bewerben“. Ein neuer Trend, der bares Geld sparen kann, wie der Test eines Magazins zeigt.
Der Online-Handel boomt. In so gut wie allen Branchen ist das Shoppen im Netz beliebter denn je. Die Kfz-Sparte bildet da keine Ausnahme. Viele Autofahrer surfen im Internet, um eine günstige Werkstatt ausfindig zu machen, wenn das Fahrzeug zur Reparatur muss oder eine größere Wartung ansteht.
Relativ neu ist hingegen der Trend, am Fahrzeug ausstehende Arbeiten im Internet auszuschreiben. Auf Webportalen wie MyHammer.de oder Autoreparaturen.de können Verbraucher Aufträge für Reparaturen oder Wartungen anbieten. Den bei der Plattform registrierten Werkstätten steht es dann frei, bis zum angesetzten Stichtag ein unverbindliches Angebot abzugeben. Bei MyHammer beispielsweise zählt der Kfz-Bereich mit rund 2500 Aufträgen pro Monat zu den Top 5 der Handwerker-Kategorien.
Die jeweiligen Betriebe sehen dabei nicht, welche Offerten ihre Konkurrenten eingereicht haben. Das bleibt dem potenziellen Kunden vorbehalten. Dieser ist nicht verpflichtet, ein bestimmtes der Angebote anzunehmen, sondern kann sich das interessanteste Gesamtpaket aussuchen - oder auch alle ablehnen. Die Werkstätten warten auf der Webseite mit einem eigenen Online-Profil auf, in dem sich der Kunde über den Betrieb und seine fachliche Qualifikation informieren kann. Die Teilnahmevoraussetzungen sollen gewährleisten, dass zwielichtige Hinterhofbastler draußen bleiben.
Die attraktivste Offerte muss indes nicht die billigste sein. Serviceleistungen wie die Abholung des Fahrzeugs oder ein Leihwagen für die Zeit der Reparatur fallen ebenso ins Gewicht wie die Dauer des Werkstattaufenthalts.
Die Zeitschrift „Auto Bild“ hat die Probe aufs Exempel gemacht und die Hinterachs-Reparatur eines betagten Mercedes-Benz 190E auf MyHammer.de ausgeschrieben. In der Vertragswerkstatt der Marke hätte die Reparatur knapp 1700 Euro gekostet und damit den Zeitwert des Wagens überstiegen. Eine freie Werkstatt hatte bei Verwendung von Mercedes-Benz-Originalteilen einen Kostenvoranschlag von knapp 1100 Euro abgegeben.
Bis zum angegebenen Stichtag meldeten sich auf die Ausschreibung vier Werkstätten. Bei Kosten von rund 300 Euro für die Ersatzteile eines namhaften Aftermarket-Herstellers und rund 450 Euro an Werkstattkosten rollte der Youngtimer wieder auf die Straße - unterm Strich zu einem Preis von 750 Euro. Das bedeutet eine Einsparung von knapp 950 Euro beziehungsweise 56 Prozent gegenüber dem Preis in der Vertragswerkstatt. Dabei stellte die ausführende Werkstatt sogar einen Leihwagen zur Verfügung.
„Beim Ausschreiben ist es wichtig, die auszuführenden Arbeiten so exakt wie möglich zu beschreiben“, sagt MyHammer-Sprecher Lundquist Neubauer. Als Basis dient zum Beispiel ein bereits eingeholter Kostenvoranschlag. „Fotos können der Werkstatt helfen, einen Preis möglichst exakt zu kalkulieren“, so Neubauer. Sollen die eigenen Teile verwendet werden, so müsse das ebenfalls in der Auftragsbeschreibung stehen.
Auch die Qualifikation des Anbieters sollte der Kunde bei der Auswahl der Werkstatt unter die Lupe nehmen, empfiehlt „Auto Bild“. Für die Werkstatt spricht etwa, wenn sie ein Mitglied der Kfz-Innung ist. Praktisch ist auch das Feedback von früheren Kunden, anhand dessen sich der Auftraggeber über den jeweiligen Betrieb und seine Arbeitsweise informieren kann.
Ablehnend steht der Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK) dem Ausschreiben von Autoreparaturen im Internet gegenüber: „Wer im Preisranking keinen der oberen Plätze einnimmt, ist in aller Regel chancenlos“, meint Pressesprecher Ulrich Köster. Werkstattleistungen ließen sich aber nicht allein über den Preis vergleichen. Wichtig sei zum Beispiel auch, wie sorgfältig Arbeiten erledigt würden. Auch die Qualität der verwendeten Teile spiele eine wichtige Rolle, ebenso die Termintreue. „Kaum jemand wird sich etwa von einem Arzt operieren lassen, nur weil dieser der billigste ist“, kritisiert Köster.
„Wir bieten unsere Dienste auf MyHammer an, weil es uns ganz neue Kundenkreise erschließt“, sagt Andreas Chojnacki von der Kfz-Werkstatt Drei Tiger in Dahlwitz-Hoppegarten. Seit rund drei Jahren ist die Werkstatt mit ihren Diensten im Internet dabei und kann so auch Überkapazitäten nutzen. Nach eigenen Angaben hat sie über Ausschreibungen viele Kunden gewonnen, die immer wieder kommen.