Wie der Winterreifen beim Spritsparen hilft
Bonn/München (dpa/tmn) - Spritfresser Winterreifen? Das war einmal. Und wer Wintergummis unter zusätzlichen Druck setzt, kann weiteren Treibstoff einsparen. Allerdings sollten Autofahrer bei der Reifenwahl genau auf die Herstellerfreigabe achten.
Für einen frühzeitigen Wechsel auf Winterreifen gibt es mehrere Argumente: Fahrzeughalter sind dann auf einen plötzlichen Kälteeinbruch vorbereitet. Man bekommt schneller einen Werkstatttermin, weil sich der Ansturm noch in Grenzen hält. Und nicht nur Wartezeit können Autofahrer sparen, sondern mit besonders schmalen Pneus und erhöhtem Reifendruck auch manchen Tropfen Sprit. Allerdings empfehlen nicht alle Experten die effizientere Gummi-Lösung.
Früher galten Winterreifen wegen ihres groben Profils als wahre Spritfresser. „Solche Reifen gibt es schon lange nicht mehr“, sagt Hans-Jürgen Drechsler, Geschäftsführer beim Bundesverband Reifenhandel und Vulkaniseur-Handwerk (BRV). Mit der sogenannten Lamellen-Technologie und neuen Gummimischungen sei man der Lösung des Zielkonflikts zwischen möglichst geringem Rollwiderstand für höhere Effizienz und möglichst hoher Bodenhaftung für sicheres Fahren ein ganzes Stück nähergekommen. „Mittlerweile hat sich der Rollwiderstand von Winter- und Sommerreifen nahezu angeglichen“, sagt Drechsler.
Bei der Reifenwahl für Eis und Schnee sollte die Angst vor höherem Verbrauch also unbegründet sein. Mehr noch: Wer zu schmaleren Pneus mit geringerer Standfläche greift, kann Roll- und Luftwiderstand und damit den Verbrauch weiter senken. „Theoretisch müsste das so eintreffen, es gibt aber noch keine Untersuchung“, so Drechsler. Der BVR empfiehlt deshalb trotz möglichen Öko-Effekts, Winterreifen in den Dimensionen der Sommerreifen aufzuziehen. Selbst wenn schmalere Reifen vom Hersteller freigegeben seien.
„Wir haben heute so sensibel abgestimmte Fahrzeuge, da kann sich mit sehr schmalen Reifen schnell das Fahrverhalten ändern“, warnt Drechsler. Für Hans-Georg Marmit von der Sachverständigenorganisation KÜS ist das nicht sicherheitsrelevant: „Wenn schmalere Reifen vom Hersteller freigegeben sind, dann sind sie auch sicher“, sagt er.
Einen Spritspareffekt durch schmalere Reifen bezweifelt Marmit zwar nicht, kann diesen aber wie der BVR nicht belegen. Sein Tipp für Sparfüchse: „Das Essenzielle ist der Luftdruck.“ Werde er konstant rund 0,5 bar über den Herstellerempfehlungen gehalten, seien bis zu drei Prozent Einsparungen beim Sprit möglich. „Noch mehr Druck sollte man nicht auf die Reifen geben, sonst erhöht sich der Verschleiß.“
Thomas Oberst vom TÜV Süd rät: „Die Breite der Sommerreifen sollte nicht die Richtgröße für die Breite der Winterreifen sein.“ Schmalere Reifen seien für das Fahren auf Schnee und Eis schlicht besser geeignet - solange sie für ein Fahrzeug zugelassen seien. Der Einspareffekt spiele dabei nur eine untergeordnete Rolle.
Unabhängig von der Reifenbreite haben Reifenkäufer noch eine Option: Ganzjahresreifen. Die Experten urteilen aber einhellig: Ganzjahresreifen sind immer nur ein Kompromiss und nie so gut wie Winterreifen im Winter und Sommerreifen im Sommer. „Sie können eine Alternative für Autofahrer in Ballungsräumen sein, wo oft weniger Schnee liegt“, sagt Sven Rademacher vom Deutschen Verkehrssicherheitsrat (DVR).
Wer sich vor dem Reifenkauf über Lauf- und Bremseigenschaften oder Preise informieren möchte, sei mit Tests von Automobilclubs wie dem ADAC oder von der Stiftung Warentest gut beraten, sagt Hans-Jürgen Drechsler vom BRV. Von Reifen, die eindeutig als Billigware erkennbar sind, sollten Kunden besser die Finger lassen.
Ansonsten gelten für den Reifenwechsel im Herbst laut dem TÜV Süd nach wie vor folgende Tipps: Grundsätzlich fahren Autofahrer mit der „O bis O“-Regel gut - wenn sie also von Oktober bis Ostern mit Winterpneus unterwegs sind. Die Straßenverkehrsordnung (StVO) schreibt mit dem M+S-Symbol versehene Winter- oder Ganzjahresreifen dann vor, wenn die Straßen mit Glatteis, Schneeglätte, Schneematsch, Eis- oder Reifglätte überzogen sind. Wer in diesen Fällen ohne geeignete Pneus erwischt wird, zahlt mindestens 40 Euro Bußgeld, wenn er den Verkehr behindert 80 Euro.
Die StVO schreibt eine Profiltiefe von 1,6 Millimeter vor. Sachverständigenorganisationen wie TÜV, Dekra oder KÜS empfehlen mindestens 4 Millimeter. Beim Reifenkauf gilt: Immer zu einem kompletten Satz greifen. „Denn eine Mischung aus alten und neuen Winterreifen bedeutet auch eine unterschiedliche Griffigkeit der einzelnen Reifen“, warnt der TÜV Süd vor ungewohntem Fahrverhalten.