Amazon bringt Musik in die Wolke

New York (dpa) - Amazon hat am Dienstag einen Online-Musikdienst gestartet, mit dem die Kunden ihre Songs im Internet speichern können. Die Idee des Angebots „Cloud Player“ ist, dass die Nutzer dann ihre Musik von den Amazon-Servern aus auf jedem beliebigen Computer anhören können.

Der weltgrößte Online-Händler schaltete den Dienst in der Nacht zum Dienstag zunächst nur für seine US-Kunden frei. Der Vorstoß von Amazon verstärkt den Druck auf Apple und Google, die dem Vernehmen nach an ähnlichen Angeboten arbeiten.

Bei Amazons Cloud-Dienst bekommen Kunden 5 Gigabyte Speicherplatz kostenlos gestellt. Wenn man sich ein MP3-Album kauft, wird die virtuelle Festplatte mit dem Namen „Cloud Drive“ für ein Jahr auf 20 Gigabyte aufgestockt. Ansonsten ist das Preismodell einfach: Ein Gigabyte Speicher kostet einen Dollar pro Jahr, man kann bis zu einem Terabyte (1000 GB) aufstocken. Auf einen Speicherplatz von einem Gigabyte passen im Durchschnitt etwa 250 Songs.

Wird ein Album in Amazons MP3-Shop heruntergeladen, landet es automatisch auch auf dem „Cloud Drive“. Die Nutzer können aber auch Musik von ihren Computern in die „Wolke“ hochladen - und der Speicherplatz kann auch für andere Daten genutzt werden. So passen auf einen Terabyte bis zu 70 Stunden Video in HD-Qualität.

Über eine Android-App kann Musik aus der Amazon-Wolke auch auf Handys mit dem Google-Betriebssystem gehört werden - eine permanente Datenverbindung vorausgesetzt. Eine App für Apples iOS-Geräte wie iPhone oder iPads gibt es bisher nicht. Amazon hat schon seit Jahren Erfahrungen mit Cloud Computing - der Bereitstellung von Programmen und Daten aus dem Netz - gesammelt. Der Online-Händler betreibt auch eine der größten Cloud-Plattformen für Unternehmen.

Schon seit Monaten wird darüber spekuliert, dass Google und Apple kurz davor stehen, Cloud-basierte Musikdienste zu starten. Apple kaufte 2009 den kleinen Anbieter Lala.com, der einen solchen Service betrieb - und machte ihn zunächst einmal dicht. Der Konzern ist mit seiner iTunes-Plattform inzwischen zum weltgrößten Musikanbieter aufgestiegen.

In diesem Frühjahr soll ein Milliarden-teures neues Rechenzentrum in den USA in Betrieb gehen, das immer wieder auch mit einem Cloud-Dienst von Apple in Verbindung gebracht wurde. Google setzt ohnehin grundsätzlich auf netzbasierte Dienste. Laut Medienberichten sind beide Schwergewichte aber in schwierige Gespräche mit der Musikindustrie verwickelt.

Den Musikkonzernen ist die dominierende Position von Apple im Online-Musikgeschäft nämlich nicht mehr geheuer. So konnte sich Apple-Chef Steve Jobs lange gegen das von Plattenfirmen geforderte variable Preismodell sperren und rang ihnen im Gegenzug den Verzicht auf einen Kopierschutz ab. Amazon bekam schon zum Start des MP3-Dienstes 2007 etwas günstigere Konditionen und kopierschutzfreie Musik.

Der neue Dienst verstärkt auch den Druck auf Anbieter von Streaming-Musikdiensten, bei denen Musik aus dem Netz abgespielt wird. Bei RealNetworks, einem der Pioniere der Technik, trat fast zeitgleich mit der Amazon-Ankündigung Firmenchef Robert Kimball zurück. Nach zwölf Jahren in dem Unternehmen sei nun Zeit für neue Herausforderungen, begründete Kimball seinen Schritt.