Apple-Spagat zwischen goldenem Mini-Computer und Smartwatch für alle

San Francisco (dpa) - Eine goldene Apple-Uhr für 11 000 bis 18 000 Euro! Als Apple-Chef Tim Cook am Montag in San Francisco den happingen Preis der Luxus-Variante der Apple Watch ankündigte, ging ein Raunen durch den Saal.

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Der atemberaubende Preis war dann auch das Gesprächsthema des Abends. Klar ist aber auch, dass nicht die teure „Edition“-Ausführung über das Schicksal der Apple Watch entscheiden wird. Ihr Preis sei „extrem“, und es seien nur „sehr bescheidende Verkäufe“ zu erwarten, urteilte etwa die Investmentbank Goldman Sachs in einer ersten Analyse. Apple zielt vielmehr auf einen Massenmarkt für die beiden weniger teuren Modelle der Smartwatch mit dem Apfel-Logo.

Ob das Apple-Konzept für einen Mini-Computer am Handgelenk am Ende aufgeht, wird sich am Ende daran zeigen, wie die günstigen Versionen von der Masse der iPhone-Nutzer angenommen werden. Ein Signal: Wenn ein Billigflieger wie Easyjet von Anfang an mit einer App auf der Uhr dabei sein wird, ist das ganz bestimmt nicht elitär. Mit einem Preis ab 399 Euro ist selbst die Sport-Ausführung der Apple Watch zwar noch teurer als viele Smartwatches der Konkurrenz. Sie verspricht aber auch eine ausgefeiltere Bedienung und ungewöhnliche Funktionen.

Apple präsentiert Computeruhr und Macbook
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Apple bemühte sich bei der Präsentation erneut sehr, attraktive Nutzungsszenarien für die Computeruhr aufzuzeigen. Kommunikation zwischen zwei Watch-Nutzern solle der Schlüssel sein, betonte Apple-Manager Kevin Lynch. Er malte mit dem Finger ein Katzengesicht auf dem Watch-Display, das zeitgleich auf einer anderen Uhr auftauchte. Er zeigte, wie man seinen Herzschlag an einen Partner übertragen oder mit dem Finger Klopfzeichen senden kann.

Lynch demonstrierte, wie Anrufe angenommen werden können, sich mit der Uhr Hotelzimmer und Garagentüren öffnen lassen, wie Einkäufe bezahlt sowie Sprachkommandos makellos ausgeführt werden. Doch er hastete dabei durch seine Präsentation und hinterließ eher den Eindruck, dass erst der Alltag über den Sinn der Apple Watch - genauso wie der gesamten Klasse der Computeruhren - entscheiden wird. Zum Erfolg sollen auch die App-Entwickler beitragen, die ihre Programme für die Apple Watch entwickeln.

Trotz aller Unwägbarkeiten glauben Beobachter, dass Apple dem Geschäft mit Computeruhren einen kräftigen Schub geben wird. Im gesamten Jahr 2014 wurden nach Zahlen des Marktforschers Strategy Analytics 4,6 Millionen Smartwatches verkauft. Jetzt wirkt Gene Munster, ein Analyst der Finanzfirma Piper Jaffray, mit seiner Prognose von acht Millionen Apple-Uhren in diesem Jahr zurückhaltend. Seine Kollegen tippen eher auf 14 bis 15 Millionen.

Die Variante der Computeruhr zum Preis eines Kleinwagens und ein dünnes Notebook in Gold-Optik zerstreuten aber auch die letzten Zweifel, dass Apple jetzt auch ein Luxusmode-Anbieter ist. Der Konzern aus der kalifornischen Kleinstadt Cupertino, der vor knapp 40 Jahren mit einem handgelöteten Computer-Bausatz in einer Garage seinen Anfang nahm, wird seine Uhren nun unter anderem im Herzen der Modewelt im Pariser Konsum-Tempel Galeries Lafayette präsentieren.

In der Liga der goldenen „Edition“ heißen die Rivalen der Apple Watch auch nicht Samsung, LG oder Huawei, sondern Hublot, Rolex, TAG Heuer oder Patek Philippe. Gegen manche von ihnen wirkt auch die teuerste Apple-Uhr noch relativ günstig. Apple greift im Uhren-Markt insgesamt an - und prescht auch ins Revier der Schweizer Uhrmacher vor.

Auf den ersten Blick ist es eine Abkehr von einem Eckpfeiler der Apple-Philosophie, in der alle Käufer irgendwie gleich waren: Ob Student, Handwerksmeister, König oder Milliardär - mehr als das Top-Modell eines iPhone konnte auch alles Geld der Welt nicht kaufen. Mit der Uhr als Mode-Statement kann man nun erstmals bei Apple tausende Euro oder Dollar mehr für die gleiche Technik bezahlen, nur weil sie in einer anderen Hülle steckt. Damit ist die Logik umgedreht: Egal wie viel man bezahlt - technisch gesehen steckt ein und der selbe Computer drin.

Eine Folge ist, dass viele der aktuell 453 Apple Stores nun auch zu Uhren-Fachgeschäften werden. Statt Speicher-Gigabyte, der Pixel-Zahl für Displays oder der Chip-Power wird es an diesen Vitrinen um Materialien, Farben des Leder-Armbands oder die Form der Verschlüsse gehen. Die frühere Burberry-Chefin Angela Ahrendts soll Apple als Verantwortliche für die Konzern-Läden über dieses fremde Feld führen.

Bei der goldenen Apple Watch blieb am Montag eine zentrale Frage offen. Schweizer Uhren können auch viele tausend Euro kosten - aber es sind dafür oft auch langlebige Präzisionswerkzeuge, die bei guter Pflege von Generation zu Generation weitergegeben werden können. Eine Smartwatch hingegen wird absehbar nach nur wenigen Jahren obsolet sein. Wird es für das Geld also eventuell eine Upgrade-Option geben? Oder richtet sich die „Edition“ an ein Publikum, das so vermögend ist, dass dies keine Rolle spielt? Immerhin wird die auch Batterie der goldenen Apple Watch „wartbar“ sein, also in einer Fachwerkstatt ausgetauscht werden können.

Apple bemühte sich bei der Vorstellung jedoch auch, einen Gegenpunkt zum neuen Image als Luxus-Konzern zu setzen. So veröffentlicht das Unternehmen die Software „ResearchKit“. Damit will Apple Forscher bei ihren medizinischen Studien unterstützen, wenn sie Krankheiten wie Diabetes, Brustkrebs oder Parkinson mit Hilfe des iPhones und der Apple Watch bekämpfen wollen.