Axel Springer will Geld für Online-Inhalte der „Bild“

Berlin (dpa) - Sein Geschäft sei der Verkauf von Inhalten, nicht das Bedrucken von Papier, sagt Springer-Chef Mathias Döpfner. Nun will „Bild“ auch im Netz Geld verlangen. Die Medienbranche ist sehr gespannt auf das Experiment.

Andere Portale könnten bald folgen.

Für Döpfner steht nicht weniger als eine „neue Gründerzeit“ bevor. Wenn der Chef des Medienkonzerns auf die Zukunft im Internet zu sprechen kommt, gerät er bald ins Schwärmen. Nun setzt Döpfner zum großen Sprung an. Mit der Einführung eines Bezahlmodells für die digitalen Angebote der „Bild“-Zeitung will Deutschlands größter Zeitungsverlag mit seinem Flaggschiff auch im Netz richtig Geld verdienen. Die Bundesliga soll dabei helfen.

Die Medienwelt blickt gespannt nach Berlin. Das Springer-Projekt „BILDplus“ hat Signalwirkung für die ganze Branche. Zeitungen und Zeitschriften suchen angesichts schrumpfender Auflagen und begrenzter Werbeerträge nach neuen Erlösquellen im Netz. Für Döpfner geht es schlicht um die Frage: „Funktioniert die Idee, dass man in der digitalen Welt für Journalismus Geld verlangen kann.“

Mit seiner Kapitalstärke und der mächtigen Marke „Bild“ im Rücken kann sich Axel Springer die Pionierarbeit leisten. Beflügelt wird der Konzern von Erfahrungen im kalifornischen Silicon Valley. Dort erkunden seit einigen Monaten „Bild“-Chefredakteur Kai Diekmann und andere Konzernmanager neue Geschäftsideen und knüpfen Kontakte zu Internet-Konzernen und Startups. Kalifornisch inspiriert wirkt auch Döpfners Optimismus mit dem „Bild“-Experiment. Wenn der Plan A nicht klappt, werde eben ein Plan B aus der Schublade geholt, dann ein Plan C und so weiter - „bis es funktioniert.“

Dabei hat Axel Springer mit bild.de bereits eines der erfolgreichsten Nachrichtenportale in Deutschland. Im vergangenen Jahr erzielte bild.de 183 Millionen Besuche und konnte Spiegel Online(137 Mio. Visits) und andere Wettbewerber auf Distanz halten. Sollte es gelingen, die Marke „Bild“ auf Smartphones und Tablet-Computern gegen Bezahlung zu etablieren, wäre das nicht nur für Axel Springer der Beginn eines „Paradigmenwechsels“, weg von der „Gratiskultur“ im Netz, wie Döpfner auch immer wieder erklärt.

„Bild“ setzt nun auf das so genannte „Freemium“-Modell. Das verbindet Gratisangebote, etwa Nachrichten, mit exklusiven Inhalten. Ob die Inhalte weiter frei zu sehen sind oder als „Plus“-Inhalte den Abonnenten vorbehalten bleiben, entscheiden die Redakteure. Das Abo für Web, Smartphone und Tablet-Apps kostet 4,99 Euro im Monat. Für 9,99 Euro bekommt man dazu eine digitale Ausgabe von „Bild“, knapp 15 Euro kostet das Abo mit zusätzlichen Kiosk-Gutscheinen für die gedruckte Zeitung.

Den Einstieg in das Bezahlmodell bei „Bild“ soll der Fußball erleichtern. Für die kommenden vier Jahre hat sich „Bild“ die Rechte an den Höhepunkten der Bundesliga-Saison gesichert. Die Video-Schnipsel zwischen 90 Sekunden und sechs Minuten dürfen eine Stunde nach Abpfiff ins Netz gestellt werden. Die Bundesliga-Videos kann aber nur der Nutzer für 2,99 Euro pro Monat buchen, der sich für eines der drei Abo-Pakete entschieden hat.

Nach dem Einstieg der „Bild“ spricht viel dafür, dass auch andere Medienmarken auf Bezahlmodelle setzen werden. Bislang haben in Deutschland nach Angaben des Bundesverbandes Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) rund 40 Titel ihre Inhalte im Netz ganz oder teilweise bezahlpflichtig gemacht. Beim „Spiegel“ wurde seit Jahren über digitale Vermarktungsmodelle und die Einführung einer „Paywall“ gestritten. Die Kontroverse trug dann auch maßgeblich zur Ablösung der beiden „Spiegel“-Chefredakteure Georg Mascolo und Mathias Müller von Blumencron bei. Nun erwarten Experten, dass auch Spiegel Online Bezahlmodelle ausprobieren wird. Weitere Portale könnten folgen.

So ist auch der Online-Chefredakteur der „Süddeutschen Zeitung“, Stefan Plöchinger, davon überzeugt, dass Verlage digitale Inhalte erstellen sollten, „deren Wert jeder sieht und für deren Überleben man am Ende gerne bezahlt“. Plöchinger versucht dabei allerdings den Begriff der „Paywall“ zu vermeiden: „Er signalisiert einen schlechten Umgang mit den Lesern — wir wollen ja ihre Unterstützung, keine Mauern für sie errichten. Man kann es Abo nennen wie in Print, Flatrate wie im Digitalen üblich, aber am besten gefällt mir Mitgliedschaft respektive Leserclub. Der Begriff drückt aus, was wir mit unseren Lesern erreichen wollen: eine Art Deal für die Zukunft des guten Journalismus.“