Deutsche „Huffington Post“: Gefahr für den Journalismus?
München (dpa) - Gegen Arnold Schwarzenegger hat sie mal verloren, als sie Gouverneurin von Kalifornien werden wollte. Doch was ihr in der Politik nicht gelang, schaffte sie als Neuankömmling in der Medienbranche: Arianna Huffington gehört heute zu den Großen.
Die Gründerin der „Huffington Post“ geht am nächsten Donnerstag (10.10.) auch in Deutschland zum Angriff über. Der Start der deutschsprachigen Ausgabe der kostenlosen US-Internetzeitung sorgt für viel Unruhe.
Ein Grund dafür ist: Viele Verleger in Deutschland wollen die Gratiskultur im Netz zurückdrängen und Bezahlschranken einrichten, um trotz sinkender Zeitungsauflagen guten Journalismus finanzieren zu können. Sie fürchten nun, dass die „HuffPo“ diese Bemühungen konterkariert. Denn die Onlinezeitung setzt für ihr Gratis-Angebot ausschließlich auf Werbung - wobei Online-Werbung bei weitem nicht so hohe Erlöse einbringt wie Anzeigen im Printgeschäft.
Ein weiterer Grund: Die „HuffPo“ nutzt auch kostenlos die Inhalte anderer Zeitungen. Der neue Besitzer der „Washington Post“, Jeff Bezos, drückte das so aus: Seine Journalisten könnten monatelang an einer Geschichte recherchieren, die die „HuffPo“ dann „in 17 Minuten“ umschreibt und bei sich platziert.
Doch das machen viele andere Medien natürlich auch. Die „HuffPo“ mischt schnelle Nachrichten mit dem Verweis auf Artikel anderer Medien, Lesermeinungen mit Expertenkommentaren. In Zusammenarbeit mit der Burda-Tochter Tomorrow Focus soll dies auch in Deutschland zur Klickmaschine werden. Der Vorstandsvorsitzende von Burda, Paul-Bernhard Kallen, sieht darin keine Kampfansage an herkömmliche Medien. „Ich gehe davon aus, dass das nichts anderes verdrängt, sondern on top kommt“, sagte Kallen im Juni.
Während in vielen Medienhäusern der Rotstift regiert, expandiert die „Huffington Post“ weltweit. Nationale Ausgaben gibt es bereits in Kanada, Spanien, Italien, Frankreich und Großbritannien - jeweils mit Medienhäusern vor Ort als Partner. So soll ein weltweites Netz von Redaktionen entstehen, die gemeinsam an Geschichten arbeiten können - ganz wie bei klassischen Medien.
Pro Land werden allerdings nur etwa ein Dutzend Journalisten als Redaktionsteam engagiert. Hinzu kommen viele Blogger, die für ihre Beiträge kein Geld bekommen. Auch dies sorgt für viel Ärger. Warum machen trotzdem so viele Gastautoren mit? Der designierte Chefredakteur der deutschen Ausgabe, Sebastian Matthes, erklärte das auf www.lousypennies.de so: „Weil sie ihre Meinungen, Ideen und Beobachtungen einem größeren Publikum vorstellen möchten, so wie es Abertausende — übrigens ebenfalls ohne journalistischen Auftrag und ohne Honorar — bei Facebook, Twitter, Jimdo, Blogger.com oder Tumblr tun.“
Nach Matthes' Angaben haben bereits 50 000 Gastautoren aus aller Welt Texte veröffentlicht: „Die "Huffington Post" ist wie eine Talkshow mit einem großen Publikum. Der einzige Unterschied: Bei uns ist die Zahl der Gäste unbegrenzt. Und Sie können frei wählen, ob Sie im Publikum oder auf der Bühne Platz nehmen.“
Der Journalismusforscher Klaus-Dieter Altmeppen glaubt nicht, dass davon eine große Gefahr für die etablierten Medien ausgeht: „Einen solchen kurzfristigen Eindringling ins Revier werden sie überleben.“ Der Münchner Medienwissenschaftler Christoph Neuberger sieht das ähnlich: „Mit 15 Mitarbeitern ist man gegenüber den großen Nachrichtenportalen in Deutschland nicht in der Lage, damit konkurrieren zu können.“
Matthes kann zum Start übrigens noch nicht als Chefredakteur dabei sein. Er ist derzeit noch bei der „Wirtschaftswoche“ in Düsseldorf unter Vertrag. Aber er werde „so schnell wie möglich zur Huffington Post dazustoßen“, so der Geschäftsführer der Burda-Tochter Tomorrow Focus, Oliver Eckert. Zum Start übernimmt Focus-Online-Chefredakteur Daniel Steil die redaktionelle Führung, stimmt sich aber mit Matthes ab.