Feature: Blackberry setzt auf Ideen aus Bochum

Frankfurt/Main (dpa) - Lange Zeit war der Blackberry das Statussymbol für Manager, der ihrer Zeit voraus sein wollen. Inzwischen aber kämpft der Hersteller RIM mit heftigem Gegenwind auf dem Smartphone-Markt.

Mit der Besinnung auf alte Stärken im Geschäft mit Business-Kunden, einem neuen Betriebssystem und Bochumer Ingenieurskunst wollen die Kanadier wieder angreifen. „Die öffentliche Wahrnehmung von RIM entspricht nicht unbedingt dem Zustand, in dem wir uns befinden“, sagte der für Geschäftskunden in Deutschland zuständige RIM-Manager Sascha Lekic am Dienstag auf einem Technik-Forum des Unternehmens.

RIM habe sich bisher zu leise präsentiert, fügt er im Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa hinzu. „Aber wer an uns vorbei will, braucht schon ein bisschen mehr als ein Betriebssystem und ein Smartphone.“ Das richtet sich gegen den finnischen Konkurrenten Nokia, der kürzlich sein erstes Gerät mit dem Microsoft-System Windows Phone 7 vorgestellt hat.

RIM, kurz für „Research in Motion“, konzentrierte sich lange Zeit so sehr auf die Sicherheit der Geräte, dass dabei die Attraktivität für den Nutzer zu kurz kam - jetzt haben das iPhone von Apple sowie die Handys mit dem Google-System Android den Ruf, besonders cool zu sein. Im dritten Quartal dieses Jahres lag RIM im Smartphone-Markt mit einem weltweiten Anteil von 11,0 Prozent (2010: 15,4 Prozent) noch auf dem vierten Platz, wie die Marktforscher von Gartner berichten - hinter dem iPhone (15,0 Prozent), den Symbian-Handys von Nokia (16,9 Prozent) und den Geräten unterschiedlicher Hersteller mit Android (52,5 Prozent).

Im neuen Jahr will sich RIM neu aufstellen. „Wir müssen dafür sorgen, dass die Geräte auch für die private Nutzung attraktiv sind“, sagt RIM-Manager Jens Kühner, der für Beziehungen zu den Netzbetreibern zuständig ist. Dabei soll ein neues Betriebssystem helfen: Das bisherige Blackberry OS wird zumindest bei den Flaggschiff-Modellen vom Betriebssystem BBX abgelöst - „das wird für uns ein Turbo sein“, meint Lekic.

Basis von BBX ist das QNX-System, das ähnlich wie das Apple-System iOS auf einer Unix-Plattform aufbaut und bereits im RIM-Tablet-Computer PlayBook zum Einsatz kommt. Das bisherige Blackberry OS, zurzeit in der Version 7, nutzt hingegen die Java-Technik. Einfachere Smartphones sollen aber auch 2012 weiter mit Blackberry OS angeboten werden.

„Dieser Wechsel beim Betriebssystem wird auf jeden Fall sehr spannend“, sagen die Macher des Blackberry-Blogs MacBerry.de. „Die Nachfrage geht zwar zurzeit zu anderen Herstellern. Mit den BBX-Smartphones stellt sich RIM aber neu auf.“ Die ersten Smartphones mit BBX, so ist auf dem „Blackberry Innovation Forum“ in Frankfurt zu hören, werden voraussichtlich im zweiten Quartal 2012 kommen.

„Wir sehen uns nicht als ein reiner Smartphone-Hersteller, wir sind eine Plattform für mobile Dienste“, sagte Lekic. Ähnlich wie bei der PC-Technik werde sich auch im mobilen Internet das Gewicht von der Hardware zu Software und Lösungen verschieben.

Am Dienstag stellte RIM eine Software-Plattform zur Verwaltung mobiler Geräte im Firmennetzwerk vor: „Mobile Fusion“ integriert neben Blackberry-Geräten auch Smartphones und Tablet-Computer mit den Konkurrenzsystemen iOS und Android auf einer einheitlichen Web-Konsole. BBX integriert auch die als Blackberry Balance bezeichnete Technik für eine sichere Trennung von geschäftlichen und privaten Anwendungen auf einem Gerät - es gibt dafür jeweils eigene Partitionen und Speicherbereiche.

In der nahen Zukunft blickt RIM zunächst auf die für Anfang 2012 geplante Einführung des Blackberry Bold 9790. Das Gerät mit einer Kombination aus der typischen Blackberry-Tastatur und einem Touchscreen sei in Bochum entwickelt worden, sagte Lekic. Dort hat RIM nach der Stilllegung des Nokia-Werks 2008 die Kapazitäten für Forschung und Entwicklung von den Finnen übernommen - heute arbeiten im Bochumer Zentrum rund 300 Beschäftigte für Blackberry. „Das hat sich enorm ausgezahlt“, sagt Lekic. „Da kommen immer mehr Ideen für neue Smartphones.“