Google-Star Marissa Mayer soll Yahoo wieder flottmachen

Sunnyvale (dpa) - In einem der spektakulärsten Personalcoups des Jahres hat Yahoo dem Rivalen Google dessen Spitzenmanagerin Marissa Mayer weggeschnappt. Die 37-jährige Senkrechtstarterin soll das lahmende Internet-Urgestein wieder flottmachen.

Sie fühle sich „geehrt“ und sei „überglücklich“, erklärte Mayer, die im Oktober auch noch ihr erstes Kind erwartet. Bereits am Dienstag hat sie ihr neues Amt angetreten.

Mayer findet in Yahoo ein Unternehmen vor, dem die Konkurrenz beim Werbegeschäft im Nacken sitzt, dessen Nutzer sich heute oftmals lieber bei Facebook herumtreiben und das von Personalquerelen geschwächt wurde. „Es gibt viel zu tun und ich kann gar nicht abwarten, endlich loszulegen“, sagte Mayer. Sie wird auch in den Verwaltungsrat einziehen, das oberste Firmengremium.

Mayer bringt jede Menge Erfahrung im Internetgeschäft mit und gute Kontakte. Die Informatikerin hatte vor 13 Jahren gleich nach dem Studium bei Google angefangen und wurde das weibliche Gesicht des Suchmaschinen-Betreibers. Sie war Mitarbeiter Nummer 20. Mayer half mit, aus einem Startup den heutigen Internetriesen zu formen. Am Montag kündigte sie vollkommen überraschend. Google-Chef Larry Page erfuhr am Telefon vom Abgang seiner Mitarbeiterin.

Ihre Schwangerschaft sei kein Hindernis gewesen bei den Verhandlungen um den neuen Job, sagte Mayer dem US-Magazin „Fortune“. Sie hatte erst am Montagabend per Twitter öffentlich verraten, dass sie ein Kind bekommt. Es wird ein Junge. Ihr Mann ist der Anwalt und Investor Zachary Bogue. Die Hochzeit der beiden im Jahr 2009 war ein großes Gesellschaftsereignis, das in den USA von Medien wie dem Glamour Magazine und der Vogue ausführlich aufgegriffen wurde.

Mayer ist eine der bekanntesten Figuren im Silicon Valley. Die Informatikerin verantwortete lange das Suchmaschinen-Geschäft bei Google, den Kern des Unternehmens. Sie gilt als verantwortlich für das schlichte Design. Seit zwei Jahren führte sie als „Vice President“ die Kartendienste wie Google Maps, Google Earth und Google Street View sowie die lokalen Services um den übernommenen Restaurantführer Zagat. Sie bekam allerdings mit Jeff Huber einen Mann vor die Nase gesetzt, so dass Branchenbeobachter bezweifelten, dass es sich beim neuen Posten von Mayer tatsächlich um eine Beförderung handelte.

Sie habe eine „fantastische Zeit bei Google gehabt“, sagte Mayer der „New York Times“. Es sei aber letztlich eine „ziemlich einfache Entscheidung“ gewesen, den neuen Job anzutreten. Yahoo sei schließlich eine der besten Marken im Internet. Der Internet-Pionier zählt gut 700 Millionen Nutzer, die Nachrichten auf dem bekannten Portal lesen oder ihre E-Mails abrufen.

Für Yahoo ist es bereits der dritte Chefwechsel binnen eines Jahres: Erst wurde Carol Bartz wegen Erfolglosigkeit gefeuert. Dann stolperte der vom Ebay-Bezahldienst PayPal herübergewechselte Scott Thompson über einen geschönten Lebenslauf. Seitdem wurde Yahoo von Spartenchef Ross Levinsohn kommissarisch geführt. Er galt auch als aussichtsreicher Kandidat für den dauerhaften Posten.

Yahoo braucht dringend Stabilität und eine klare Strategie: Der Internet-Pionier steht im überlebenswichtigen Werbegeschäft unter enormen Druck. Bei der Internetsuche hatte sich Yahoo bereits mit dem Software-Konzern Microsoft verbündet und nutzt dessen Suchmaschine Bing. Jüngst verbrüderte sich Yahoo zudem mit Facebook, nachdem die beiden Seiten einen Patentstreit beigelegt hatten.

Mayer muss nun entscheiden, in welche Richtung Yahoo weiter steuern soll. Angesichts der Fehlschläge ihrer Vorgänger hat sie wenig Spielraum, verschiedene Strategien auszuprobieren. Die Anleger trauen ihr allerdings zu, dass sie den Job erledigen kann: Die Yahoo-Aktie stieg am Dienstag zum Handelsauftakt um 1 Prozent. Für den Abend wurden die Geschäftszahlen für das zweite Quartal erwartet.