ICANN informiert über neue Adressen
Berlin (dpa) - Die Internet-Verwaltung ICANN bereitet mit einer Informations-Tour eine der größten Veränderungen des Internet vor. In vier Monaten werden erste Bewerbungen für die geplanten neuen Internet-Adressräume entgegengenommen.
Die ICANN wolle bei dem komplizierten Prozess dafür sorgen, dass die Vergabe transparent und fair verlaufe, sagte der neue ICANN-Chef Rod Beckstrom am Donnerstag in Berlin. Vor wenigen Tagen hat die Organisation eine Website ins Netz gestellt, die Informationen für Antragsteller, potenzielle Bewerber und einfach interessierte bereithält.
Deutschland sei bei den geplanten Veränderungen eine der aktivsten Regionen, sagte Oliver Süme vom Internet-Verband eco. Vor allem neue regionale Endungen wie .berlin, .bayern oder .hamburg seien sehr gefragt. Wie groß das Interesse an Unternehmens-Endungen sein wird, bleibe noch abzuwarten. Insgesamt werde die Zahl der interessierten Antragsteller derzeit zwischen einigen hundert und einigen tausend geschätzt, sagte Beckstrom.
In einem historischen Schritt will die ICANN den Adressraum der sogenannten Top Level Domains (.com, .de, .org) deutlich ausweiten. Neben regionalen Adressen wie .berlin und .bayern sollen auch Adressräume wie etwa .nokia oder .reise möglich sein. Mit diesem Schritt werde das Internet deutlich internationaler, sagte Beckström. Auch Marken-Inhaber sollen mit der neuen Struktur künftig besseren Schutz erhalten können. Die Verwaltung verspricht sich davon mehr Freiräume und Auswahl im Netz. Für einprägsame Adressen waren die Möglichkeiten zuletzt äußerst knapp geworden.
Anmelden können solche Endungen allerdings nur Unternehmen und Organisationen - gegen eine Gebühr von 185 000 Dollar. Das Verfahren sei sehr aufwendig und der Verwaltungsaufwand sehr hoch, sagte Beckstrom. Die ICANN verdiene als Non-Profit-Organisation nichts dabei. Gemeinnützige Organisationen wie etwa das Projekt .hiv will die ICANN finanziell und technisch unterstützen.
Die neuen Endungen werden dem Internet eine neue Struktur geben. Auch die Suche im Netz dürfte sich für alle Internet-Nutzer grundlegend ändern. Eine Gefahr, dass die Nutzer durch die neuen Strukturen eher verunsichert werden könnten, sieht Süme nicht. „Ich bin mir sicher, dass die Internet-Suchmaschinen die neuen Top Level Domains schnell in ihre Algorithmen einbauen werden.“ Der überwiegende Teil der Internetnutzer sehe in der Erweiterung zusätzliche Chancen, das habe eine Umfrage des eco bereits vor einigen Jahren ergeben.
In Berlin nahm am Donnerstag zudem die Internet Society Berlin (ISOC.Berlin) ihre Arbeit auf. Die Gesellschaft wolle künftig neben der deutschen Gruppierung auch in der Hauptstadt den Informationsaustausch fördern und an der Entwicklung internationaler und nationaler Standards im Internet mitwirken, sagte Gründungsmitglied Katrin Ohlmer. Die ISOC wurde als Non-Profit-Organisation 1992 gegründet, um Standards für das Internet zu entwickeln und Information über das Medium in die Öffentlichkeit zu tragen. Die ISOC mit Sitz in Virginia und der Schweiz hat Regionalbüros auf allen Kontinenten. Beckstrom begrüßte das neue „Chapter“ der ISOC, das als liberale Kraft für die Informationsfreiheit eintritt - gerade in Berlin mit seiner Geschichte.