Jenseits von Arial: Kreative Schriftgestaltung
Berlin (dpa/tmn) - Die Schriftart ist eine Visitenkarte: Die Wahl des richtigen Fonts - so nennen sich Schrifttypen in der digitalen Welt - will gut überlegt sein. Der Blick über die Standards hinaus eröffnet kreative Möglichkeiten, mit Hilfe von Webfonts auch im Internet.
Tausende digitaler Schriftarten laden zum kreativen Gestalten von Texten ein. Doch die meisten Anwender bleiben bei wenigen Standardschriften wie Arial oder Times New Roman. Grund sei gerade die verwirrende Vielfalt der Möglichkeiten, erklärt der Grafik-Designer Dan Mayer. „Die richtige Schrift zu wählen, ist eine Kombination von festen Regeln und lockerer Intuition. Jahrelange Erfahrung ist nötig, um ein Gefühl dafür zu entwickeln.“
In seinem Beitrag für den Fachdienst „Smashing Magazine“ nennt Mayer fünf Regeln, von denen die fünfte paradoxerweise lautet: „Es gibt keine Regeln“ - gemeint sind hier Grundsätze, die für alle Zeiten gültig sind. Zwar sind sich die Typografen, also die Experten der Schriftgestaltung einig, dass eine Schrift gut lesbar sein und zum Text passen sollte. Aber schon an der Frage, ob man eine Schrift mit oder ohne Serifen wählen sollte, scheiden sich die Geister.
Eine Serifen-Schrift erkennt man an den kleinen Füßchen zum Abschluss eines Buchstabens. Serifenschriften sind Times, Garamond oder Georgia. Serifenlose Schriften sind Arial, Verdana oder Helvetica.
Lange Zeit habe die Meinung vorgeherrscht, dass eine Serifenschrift dem Auge einen Fixpunkt biete, erklärt Herbert Braun von der Zeitschrift „c't“. Dann aber habe sich im Web die Ansicht durchgesetzt, dass dies auf dem Bildschirm eher nachteilig sei. Aber: „In letzter Zeit scheint die Serifenschrift eine Art Renaissance zu erleben.“
Das liegt wohl auch an der höheren Auflösung moderner Bildschirme in Verbindung mit Techniken wie dem sogenannten Antialiasing oder Subpixel-Rendering, unter Windows als Clear-Type bezeichnet. Dabei werden schräg verlaufende Buchstabenkanten so geglättet, dass keine Pixel-Stufen mehr zu sehen sind - das Schriftbild erscheint besonders klar.
„Lesbarkeit ist ein großes Thema, da gibt es immer neue Erkenntnisse“, erklärt Lorenz Schirmer vom Schriftanbieter Linotype in Bad Homburg. Eine gute Lesbarkeit sei auch von tradierten Lesegewohnheiten sowie beim Ausdruck von der Papierart abhängig. Privatanwendern empfiehlt Schirmer, einen Standardtext in verschiedene Schriften zu setzen und auszudrucken, um die Wirkung direkt vergleichen zu können.
Geht es um ein ansprechendes Design von Webseiten, gebe es keine Notwendigkeit mehr, sich auf Arial, Verdana oder Times New Roman zu beschränken, sagt Braun. So bietet Google etwa ein Verzeichnis frei verfügbarer Web-Fonts, die mit CSS, dem Standard für die Layout-Gestaltung von Webseiten, ins HTML-Dokument eingebunden werden. Auch von Linotype gibt es ein breites Angebot von Schriften, die für die nichtkommerzielle Nutzung kostenlos verwendet werden können. „Grundsätzlich gilt: Fonts are software too“, sagt Schriftenexperte Schirmer. „Man erwirbt nicht die Schrift, sondern nur ein Nutzungsrecht.“
Bei frei verfügbaren Schriften müsse man unter Umständen Abstriche in Kauf nehmen, sagt Braun - etwa dass es keine Umlaute gibt oder keine Unterschneidung (Kerning). Darunter versteht man den Ausgleich des horizontalen Abstands, des sogenannten Weißraums, zwischen Buchstaben.
Der Weimarer Fachautor und Schriftexperte Ralf Herrmann rät von „typischen 1000-Schriftarten-Paketen aus dem Technikmarkt und kostenlosen Fonts aus dem Internet“ ab. Diese seien oft mangelhaft und für Einsteiger nicht zu empfehlen. Im Internet gebe es jedoch zahlreiche Möglichkeiten wie das Portal „Typografie.info“, um sich über neue Schriftarten zu informieren und sich über passende Schriften für ein Projekt auszutauschen.
„Privatleuten würde ich nicht raten, sich eine kommerzielle Schrift zuzulegen“, sagt Braun. Für ein Unternehmen sei das aber sinnvoll, um etwa das Firmenlogo zu gestalten. Neben Linotype werden digitale Schriften unter anderem von Firmen wie FSI Fontshop International in Berlin oder der International Typeface Corporation (ITC) in New York vertrieben. Alternativ können Kreative auch ihren eigenen Font entwickeln, etwa mit der Software Fontcreator der Firma High-Logic.
Standardformat für alle Betriebssysteme ist Opentype (OTF), das 1996 von Microsoft auf den Weg gebracht und gemeinsam mit Adobe entwickelt wurde. OTF wird auch vom Web Open Font Format (WOFF) unterstützt, das die Übertragung von Schriftarten in komprimierter Form ermöglicht. WOFF wird inzwischen von allen aktuellen Browsern unterstützt.