Mastercard will Führungsrolle bei digitaler Geldbörse

New York (dpa) - Der Kreditkarten-Riese Mastercard will eine Schlüsselrolle bei digitalen Bezahlsystemen der Zukunft spielen. Mastercard plant eine einheitliche Plattform, über die Zahlungen unabhängig von Ort oder Gerät abgewickelt werden können.

Als einen Baustein kündigte der US-Konzern in der Nacht zum Dienstag den Einstieg ins Geschäft mit Online-Bezahldiensten ein. Mit dem System Paypass Online sollen Internet-Einkäufe abgerechnet werden. Händler werden bei ihren Angeboten einen entsprechenden Button platzieren können.

Das ist ein Frontalangriff auf heutige große Anbieter wie die Ebay-Tochter Paypal. Unter den Startpartnern werden die Fluggesellschaft American Airlines und der Buchhändler Barnes & Noble sein. Teil des Gesamtkonzepts ist auch der bereits abgebotene Service zum Bezahlen per Handy.

Auf der Plattform will Mastercard zudem die komplette Infrastruktur für eine digitale Geldbörse anbieten, die über offene Schnittstellen auch anderen Anbietern frei zur Verfügung steht. Das elektronische Portemonnaie unter der Marke Paypass Wallet soll im dritten Quartal zunächst in den USA, Kanada, Großbritannien und Australien starten. Den Dienst wollen zahlreiche Banken wie Citibank, die spanischen Institute Banesto und Banco Popular oder die schwedischen SEB und Swedbank Sweden unterstützen.

„Wir wollen mit Hilfe eines offenen Systems eine Zersplitterung des Marktes vermeiden“, betonte der für zukünftige Bezahlmodelle in Europa zuständige Mastercard-Manager Arne Pache. „Es macht für einen Händler keinen Sinn, 25 verschiedene Bezahllösungen zu haben.“ In Deutschland sei die Plattform zum Start noch nicht verfügbar, sie sei aber bereits der Kreditwirtschaft vorgestellt worden.

Es gehe Mastercard zwar auch darum, die Marktpräsenz zu erhöhen, sagte Pache. „Aber wir wollen nicht primär die Marke in den Vordergrund stellen, sondern offene, internationale Standards schaffen, die das Einkauferlebnis für Verbraucher einfacher und schneller machen.“

Dem Geschäft der Zahlungsabwickler steht mit dem Vormarsch des Internets sowie der Smartphones und Tablet-Computer ein großer Umbruch bevor. Als besonders zukunftsträchtig gelten mobile Bezahldienste. Hier stehen viele Wettbewerber in den Startlöchern: Neben Mobilfunk-Anbietern auch etwa Paypal und die Mastercard-Konkurrenten Visa und American Express. Auch Facebook wird oft als möglicher Neueinsteiger gesehen. So prognostizierte auf der Berliner Internet-Konferenz Next der Netz-Experte Maks Giordano am Dienstag, dass das weltgrößte Online-Netzwerk nach dem anstehenden Börsengang mit der prall gefüllten Kriegskasse auch in dem Bereich auf Einkaufstour gehen dürfte.

Allerdings entwickelten sich die mobilen Dienste bisher nicht so explosiv, wie in den vergangenen Monaten oft vorausgesagt worden war. Mastercard-Manager Pache betonte aber: „Im Hintergrund passiert viel mehr als von außen sichtbar ist.“ Es sei ein technisch extrem komplexer Bereich - und da könne es sein, dass einige Ankündigungen zu hohe Erwartungen an die schnelle Verfügbarkeit geweckt hätten. „Wenn ein System angekündigt wird, heißt es nicht, dass es binnen der nächsten sechs Monaten umgesetzt ist.“