Microsoft baut Internetgeschäft mit Skype-Kauf aus
New York/Berlin (dpa) - Microsoft nimmt Milliarden in die Hand, um seine Zukunft im Internet zu sichern. Der Windows-Konzern kauft für 8,5 Milliarden Dollar den populären Skype-Dienst für Telefon- und Videogespräche im Internet.
Es ist der größte Zukauf in Microsofts Firmengeschichte und der Preis liegt drastisch höher als die Summen, die bisherige Käufer für Skype hingeblättert hatten. Denn Skype ist für Microsoft der Schlüssel, um mit den erfolgreichen Rivalen Apple und Google konkurrieren zu können.
„Wir sehen enorme Möglichkeiten“, sagte Microsoft-Chef Steve Ballmer am Dienstag bei der Verkündung des Geschäfts. Er will Skype eng mit den bestehenden Produkten vernetzen - von der Spielkonsole Xbox über das Smartphone-Betriebssystem Windows Phone bis hin zum E-Mail-Programm Outlook. Zusammen werde man die Zukunft der Kommunikation gestalten, sagte Ballmer. Selbst Familientreffen, so die Vision des Microsoft-Urgesteins, könnten künftig über Skype stattfinden.
Der bisherige Skype-Chef Tony Bates wird an die Spitze einer neuen Microsoft-Sparte rücken und direkt Ballmer unterstellt sein - ein deutlicher Hinweis auf die Bedeutung, die der Software-Konzern seinem Zukauf beimisst. Vor allem im schwächelnden Smartphone-Geschäft hätte Microsoft mit Skype ein Gegenangebot zu Apples Videotelefonie-Dienst Facetime.
Bei Skype können Nutzer untereinander kostenlos über das Internet telefonieren, auch mit Videoübertragung. Geld verdient das Unternehmen vor allem mit günstigen Anrufen zum herkömmlichen Telefonnetz. Der Dienst hat nach eigenen Angaben mehr als 660 Millionen registrierte Nutzer weltweit. In Microsofts Mitteilung ist allerdings nur noch von 170 Millionen Nutzern die Rede, die Skype untereinander verbinde - offenbar wurden dabei nur die aktiven Kunden berücksichtigt.
Lediglich rund 8,8 Millionen Nutzer zahlen indes für Skype-Dienstleistungen. Der Umsatz war im vergangenen Jahr auf 860 Millionen Dollar gestiegen, aber es fiel immer noch ein Verlust von 7 Millionen Dollar an. Auf Skype lasten Schulden.
Der Preis ist ein heftiger Aufschlag im Vergleich zu dem, was bisher für Skype bezahlt wurde. Der Online-Auktionsspezialist Ebay hatte Skype 2005 für 2,6 Milliarden Dollar von den Gründern übernommen und sich 2009 für 1,9 Milliarden Dollar wieder von der Mehrheit daran getrennt. Der Internettelefonie-Dienst passte doch nicht so gut zum Geschäft der Handelsplattform wie erwartet. Die neuen starken Männer im Hause Skype waren Finanzinvestoren um die Firma Silver Lake, die das Unternehmen eigentlich an die Börse bringen wollten.
Möglicherweise ist der hohe Preis das Ergebnis eines Bieterwettstreits: Zuletzt hatte es auch Berichte über Gespräche von Skype mit Google und Facebook gegeben. „Wir kennen Skype schon eine ganze Weile“, sagte Ballmer. „Wir waren in Gesprächen über eine Partnerschaft und Skype war auf dem Weg an die Börse. Da haben wir uns gedacht, warum übernehmen wir die Firma nicht einfach?“
Besonders gut haben es die Skype-Gründer Niklas Zennström und Janus Friis getroffen: Sie hatten bereits seinerzeit beim Verkauf an Ebay kräftig abkassiert und hielten zuletzt noch 14 Prozent, weil ihnen eine Schlüsseltechnologie des Dienstes gehört. Dieser Anteil ist jetzt wieder gut eine Milliarde Dollar wert. Bis zum Ende des Kalenderjahres will Microsoft die Übernahme abgewickelt haben - sofern die Wettbewerbsbehörden ihren Segen geben.
Microsoft, dessen größtes Geschäft nach wie vor das Betriebssystem Windows und die Office-Büroprogramme sind, versucht schon seit Jahren, mit Milliarden-Investitionen neue Geschäftsbereiche zu erschließen, mit wechselhaftem Erfolg. Aktuell setzt der früher auf fest installierte Software fixierte Konzern auf das sogenannte Cloud Computing - die Bereitstellung von Software und Daten aus dem Internet.
Nach einer jahrelangen Durststrecke läuft auch das Spiele-Geschäft mit der Xbox-Konsole, die Microsoft als Unterhaltungs- und Kommunikationszentrale im Wohnzimmer etablieren will. Bei der Internet-Suche knabberte Microsofts Suchmaschine Bing in einer Allianz mit Yahoo zuletzt dem Marktführer Google einige Prozentpunkte Marktanteil ab - das Geschäft steckt aber weiter tief in den roten Zahlen.
Bei den derzeit boomenden Smartphones war Microsoft einer der Pioniere - wurde zuletzt jedoch von Apple mit seinem iPhone und dem Google-Betriebssystem Android abgehängt. Eine Partnerschaft mit dem ebenfalls schwächelnden Handy-Weltmarktführer Nokia soll die Wende bringen. Erste Nokia-Handys mit dem Microsoft-Betriebssystem Windows Phone dürften allerdings erst im kommenden Jahr auf den Markt kommen.