Mobilfunk-Anbieter: Regulierung gefährdet Milliarden-Investitionen

Barcelona (dpa) - Die Mobilfunk-Anbieter fordern eine weniger strenge Regulierung ihres Geschäfts, weil Milliarden-Investitionen in die Netzwerk-Infrastruktur anstehen.

Der wachsende Datenverkehr mit dem Vormarsch von Smartphones und Tablets mache den Ausbau der Netze dringend notwendig, betonte der Vorsitzende des Branchenverbandes GSMA, Telecom-Italia-Chef Franco Bernabè, am Montag beim Mobile World Congress in Barcelona. „Aber wir brauchen Gewissheit, dass sich die Investitionen lohnen werden“, betonte er. Zudem müsse die Steuerpolitik die Weiterentwicklung der Infrastruktur unterstützen.

Die Unternehmen litten unter zu viel Wettbewerb und die Politik müsse der Branche Freiraum für eine Auslese geben, verlangte Bernabè. Zuletzt wurde sogar über eine mögliche Konsolidierung auf europäischer Ebene mit einer möglichen Zusammenlegung der Mobilfunk-Infrastruktur spekuliert. In der Branche wird eine solche Vision angesichts zahlreicher offenen Fragen und Probleme jedoch sehr skeptisch gesehen.

Die Mobilfunk-Industrie beschwert sich schon seit Jahren, dass sie zu stark im Visier der Regulierungsbehörden wie die EU-Kommission stehe. In Barcelona kritisierte Telefónica-Chef César Alierta, erneut, dass es ungleiche Bedingungen für Mobilfunker und Internet-Konzerne wie Google, Apple oder Amazon sowie neue App-Anbieter wie etwa den Messaging-Dienst WhatsApp gebe: „Irgendwas läuft hier falsch.“ Die Telekom-Branche fordert bisher vergeblich, dass sich die Internet-Branche an den Kosten des Datenverkehrs beteiligen solle. Die Online-Unternehmen verweisen darauf, dass die Industrie nach wie vor Profite mit der Vermarktung ihrer Dienste bei Verbrauchern und Unternehmen erwirtschafte.

Exemplarisch für die Verschiebung der Schwergewichte steht eine aktuelle Ankündigung des weltgrößten Online-Netzwerk Facebook über einen Deal mit 18 Mobilfunk-Anbietern. Mit der Vereinbarung sollen Facebook-Mitglieder Messaging-Dienste gratis oder zu vergünstigten Konditionen nutzen können. Es geht um 14 Länder wie Indien, Indonesien, Aserbaidschan, Bulgarien oder Brasilien - aber auch Portugal, Irland und Italien. Die Mobilfunk-Anbieter verlieren durch solche Online-Dienste SMS-Umsätze und versuchten bisher, mit Flatrate-Angeboten gegenzusteuern.

Beim Mobile World Congress bezifferten die Mobilfunk-Konzernchefs das erwartete rapide Wachstum, das vor allem von Smartphone befeuert werde. Derzeit gebe es 1,6 Milliarden schnelle Breitband-Anschlüsse im Mobilfunk-Markt, nur 62 Millionen davon seien für den superschnellen LTE-Datenfunk gerüstet, sagte Bernabè. In vier Jahren werde es bereits 920 Millionen LTE-Kunden geben und insgesamt 5,1 Milliarden schnelle Internet-Anschlüsse. Deshalb würden die aktuellen Netz-Ressourcen knapp: „Mit LTE brauchen wir deutlich mehr Spektrum als mit anderen Technologien“, betonte der Manager.

Ein großer Teil der Mobilfunk-Verbindungen wird in Zukunft nicht von Menschen benutzt werden, sondern von technischen Geräten, die untereinander verbunden sind. Diese sogenannte M2M-Kommunikation sei eine „fantastische Sache“, schwärmte Vodafone-Chef Vittorio Colao. Zum Beispiel führe der britische Telekom-Konzern derzeit Gespräche mit einer großen Versicherung. Der Plan ist, in Autos Technik einzubauen, die die Fahrweise überwacht, die Daten an die Versicherung übermittelt und die Tarife automatisch daran anpasst. Zugleich sagte Colao an, dass Vodafone europaweite Pläne für eine integrierte Telekom- und Kabel-Infrastruktur habe, mit Partnern oder ohne. Das gibt neue Nahrung für die Spekulationen über Vodafone-Pläne für eine Übernahme des Kabelnetzbetreibers Kabel Deutschland.