Netz akzeptiert neuen Perso im Schneckentempo

Berlin (dpa/tmn) - Ein halbes Jahr nach dem Start des elektronischen Personalausweises läuft zumindest die Ausstellung reibungslos. Allerdings kommen die vielen Zusatzangebote wie die sichere Identifizierung im Internet bisher nur vereinzelt zum Einsatz.

Vor einem halben Jahr, am 1. November 2010, wurde der neue Personalausweis in Deutschland eingeführt, der im Netz auch zur sicheren Identifizierung eingesetzt werden kann. Die Bundesregierung rührte damals für die vielen Einsatzmöglichkeiten im Web laut die Werbetrommel. Datenschützer stimmten dagegen kritische Töne an, zumal die für den Einsatz im Netz notwendige Ausweis-App gleich zum Start eine gravierende Sicherheitslücke aufwies. Inzwischen ist das Loch in dem Aktualisierungsprogramm der Ausweis-App längst gestopft. Und viele Deutsche haben die Chipkarte in ihrem Portemonnaie. Zeit für eine Zwischenbilanz.

Die Ausgabe der neuen Chipkarte an die Bürger ist in den Rathäusern und Bürgerämtern zur Routine geworden. Bei der Ausgabe des „nPA“ werden die Ausweisinhaber gefragt, ob sie überhaupt die neuen elektronischen Funktionen nutzen wollen. In vielen Städten und Gemeinden können sich die neuen Ausweisbesitzer bei der Dokumentenausgabe auch dabei helfen lassen, den „ePerso“ für den ersten Online-Einsatz zu aktivieren. Dazu muss man mit Hilfe einer fünfstelligen „Transport-PIN“, die man zuvor per Brief erhalten hat, eine persönliche PIN aus sechs Ziffern festlegen. Diese PIN sollte man so sorgfältig behandeln wie die Geheimnummer einer Bankkarte.

Für die Verwendung des „nPA“ im Web muss man dann die AusweisApp des Bundes unter https://www.ausweisapp.bund.de herunterladen und auf dem Rechner installieren. Das Programm zur Nutzung der Onlinefunktionen des neuen Personalausweises liegt inzwischen in der Version 1.0.3 für Windows XP, Vista und Windows 7 vor. Später sollen dann noch Versionen für Linux und Mac OS X folgen.

Außerdem benötigt man einen Kartenleser. Das können einfache „Basisleser“ ohne PIN-Tastatur sein, die in den vergangenen Wochen immer wieder von Computerzeitschriften als kostenlose Beigabe verteilt wurden. Datenschützer empfehlen jedoch, mit einem „Standardleser“ oder „Komfortleser“ zu arbeiten, die über eine Tastatur verfügen. „Dadurch werden erfolgreiche Angriffe, bei denen der Angreifer die Identität 'stiehlt', wesentlich erschwert“, sagt der Hessische Datenschutzbeauftragte Michael Ronellenfitsch. Standardleser kosten (nach Abzug einer staatlichen Förderung von 25 Euro) knapp 40 Euro. Für Komfortleser, die auch Online-Banking und andere Anwendungen unterstützen, werden über 100 Euro fällig.

Mit AusweisApp und Kartenleser kann man den neuen Personalausweis beispielsweise dazu nutzen, um bei einer Konto-Eröffnung im Web seine Identität und Adresse sicher und zweifelsfrei an die Bank zu übertragen. Allerdings bieten längst noch nicht alle Banken die Möglichkeit, sich online mit der „eID“ auszuweisen. Oder man kann die Karte nutzen, um sein Alter nachzuweisen, wenn man beispielsweise einen Film erwerben möchte, der erst ab 18 Jahren freigegeben ist. Doch auch hier machen bislang nur einzelne Anbieter mit.

Das Bundesinnenministerium führt auf einer Website knapp 50 verschiedene Anwendungen auf, die schon derzeit oder demnächst mit dem neuen Personalausweis ausprobiert werden können. In dieser Liste finden sich Städte wie Bremen, Düsseldorf, Hagen, Köln und Münster, die ihren Bürgern mit dem ePerso etliche Besuche im Amt ersparen wollen. Zu den Anwendungen gehört auch der Online-Zugriff auf das persönliche Rentenkonto bei der Deutschen Rentenversicherung, mit dem man etwa überprüfen kann, ob alle versicherungspflichtigen Zeiten auch richtig registriert wurden. In dem Konto steht auch die Höhe der Rente, die man voraussichtlich bekommen wird.

Im Mai will auch das Kraftfahrt-Bundesamt es den Inhabern eines neuen Personalausweises leichter machen, den aktuellen „Punktestand“ in Flensburg zu erfahren. „Mit ein paar Mausklicks ist der Antrag gestellt und der Gang zur Post gespart“, sagte Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer im Vorfeld der Computermesse CeBIT, wo das neue Verfahren vorgestellt wurde. Bislang musste für die Anfrage ein Papierformular ausgefüllt und zusammen mit einer Kopie des Personalausweises auf dem Postweg nach Flensburg geschickt werden. Ohne Papier geht es aber auch jetzt nicht: Die Behörde verschickt aber bis auf weiteres die Auskunft aus dem Register in Papierform.

Andere Anbieter, die auf der Anwendungsliste des Innenministeriums stehen, sind aber noch nicht so weit wie Rentenversicherung oder Kraftfahrt-Bundesamt. So hat die Hitmeister GmbH, die den Online-Marktplatz hitmeister.de betreibt, ihre ePerso-Pläne bis zum Herbst 2011 auf Eis gelegt. Bei hitmeister.de sollte der neue Ausweis zur Altersverifikation verwendet werden, damit Kunden sich möglichst unbürokratisch Filme kaufen können, die erst ab 18 Jahren freigegeben sind. „Das System hat derzeit noch nicht die kritische Masse erreicht, dass sich die Investitionskosten rechnen würden“, sagt Matthias Schumacher, Leiter Kundenservice bei Hitmeister.