Neuer Bitkom-Chef macht Datensicherheit zum Thema

München (dpa) - Umstrittene Gesichtserkennung in Netzwerken, Datenlecks bei Firmen und Hackerangriffe: Die deutsche IT-Branche will angesichts der Debatte über die Datensicherheit im Internet mehr Aufklärungsarbeit leisten.

Nutzer müssten in die Lage versetzt werden, sich sicher im Netz bewegen zu können. Aber auch die Firmen seien gefordert, Risiken transparenter zu machen. „Und: Wir müssen konsequent gegen schwarze Schafe vorgehen“, sagte der neue Präsident des IT-Branchenverbands Bitkom, Dieter Kempf, am Freitag in München.

„Das Vertrauen der Menschen in die Sicherheit des Internets und in den Schutz ihrer Privatsphäre muss wiederhergestellt werden.“ Dabei sei nicht zuerst der Gesetzgeber gefordert, vielmehr müsste sich die Branche selbst regulieren, etwa mit Selbstverpflichtungen. Vor allem aber brauche es mündige Nutzer, die um mögliche Risiken wissen. Doch auch die Politik könne handeln. „Ich glaube schon, dass unser Datenschutzgesetz ein wenig in die Jahre gekommen ist“, sagte Kempf.

Grundsätzliche Verbote etwa von Software zur Gesichtserkennung lehnt Kempf ab. „Eine regulatorische Lösung, Gesichtserkennung zu verbieten, wäre falsch. Gesichtserkennung schrankenlos zuzulassen, wäre brandgefährlich.“ So sei die Technik etwa für die Verwaltung von Urlaubsfotos „fantastisch“. Das gleiche Werkzeug in Netzwerken könne aber auch Risiken bergen, die Verbraucher kennen müssten.

Wichtig sei, dass Anbieter transparent auf Funktionen hinweisen - und Hinweise zur Abschaltung von Gesichtserkennung oder einer Ortsbestimmung offen zeigen. „Wenn man das auf der 5. Menüebene versteckt, halte ich das nicht für richtig“, sagte Kempf. Das Netzwerk Facebook war wegen einer standardmäßig freigeschalteten Gesichtserkennungs-Funktion jüngst in die Kritik geraten.

Die Bitkom-Mitglieder des Verbands hatten Kempf am Freitag einstimmig zum Nachfolger des langjährigen Präsidenten August-Wilhelm Scheer gewählt. Die Branche stehe angesichts des Fachkräftemangels, der Energiewende und des Ausbaus schneller Internetverbindungen vor enormen Herausforderungen, sagte Kempf. Der 58-Jährige steht seit 1996 an der Spitze des Nürnberger Datendienstleisters Datev.

„Mit Dieter Kempf hat die Bitkom-Branche einen exzellenten Sprecher, der in Wirtschaft und Politik gleichermaßen geschätzt wird“, sagte Scheer. Der Professor und Unternehmer Scheer war seit 2007 Bitkom-Präsident. Kempf und die Führung des Verbandes dankten dem Gründer des mittlerweile von der Software AG übernommenen Software- und Beratungshaus IDS Scheer.

Bitkom vertritt als Branchenverband der Informationstechnologie (IT) und Telekommunikation bundesweit die Interessen von mehr als 1350 Unternehmen. Darunter sind die deutschen Ableger von Branchenriesen wie Microsoft oder IBM, deutsche Großkonzerne wie die Telekom oder SAP, aber auch viele kleine und mittelständische Firmen.