Von blutig bis gruselig: Altersfreigaben für Spiele
Berlin (dpa/tmn) — Ein Mann, eine Kettensäge, Monster-Horden und viel Blut. Das ist das Rezept des Shooter-Klassikers „Doom“, dessen Neuauflage auf der Spielemesse E3 gerade Premiere feierte.
Auch in anderen populären Spielen geht es nicht gerade friedlich zu: Die Verfolgungsjagden in „Grand Theft Auto“ enden regelmäßig in wilden Schießereien, „Call of Duty“ besteht fast nur aus Geballer. Und selbst in Fantasy-Rollenspielen wie „The Witcher 3“ werden Gegner gelegentlich in Zeitlupe enthauptet.
Aber nicht jedes Spiel ist ein brutales Massaker: Nach der offiziellen Statistik der Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle (USK) war 2014 nicht einmal jeder zehnte Titel (9 Prozent) nur für Erwachsene geeignet. Mehr als die Hälfte der Neuerscheinungen war für Sechsjährige freigegeben oder ganz ohne Altersbeschränkung.
Seit 2003 müssen die Altersfreigaben der USK auf jedem im Handel erhältlichen und für Kinder und Jugendliche zugänglichen Spiel abgedruckt sein. Ein Spiel ohne USK-Kennzeichen gilt automatisch als „Ab 18“. Welches Siegel ein Spiel erhält, ermittelt die USK in einem aufwendigen Verfahren: „Wir haben Sichter, die die Titel komplett durchspielen“, erklärt USK-Geschäftsführer Felix Falk. Ein Prüfgremium fällt anschließend ein Urteil. Darin sitzen vom Beirat der USK berufene Experten. Etwa 2000 Verfahren gibt es pro Jahr.
Die Experten schauen nicht nur darauf, wie viel Blut fließt. „Es gibt einen großen Kanon an Faktoren“, erklärt Falk. „Gewalt und Kriegsthematik spielen natürlich eine große Rolle, gerade in Deutschland. Dazu kommen aber unter anderem noch die Darstellung von Sexualität, von Drogen oder die Sprache.“ Auch Grusel-Atmosphhäre oder Zeit- und Handlungsdruck können dazu beitragen, dass ein Titel erst ab einem bestimmten Alter freigegeben wird.
Mittlerweile prüft die USK nicht nur Spiele auf Datenträgern, sondern auch viele Online- und Downloadspiele, zum Beispiel bei Google Play. Dahinter steht die sogenannte IARC (International Age Rating Coalition), zu der neben der USK auch Behörden und Organisationen aus anderen Ländern gehören.
Ob online oder auf Disc — eines ist das USK-Kennzeichen nie: „Wir geben keine pädagogische Einschätzung“, so Falk. Untersucht wird nur, ob ein Spiel Kinder beeinträchtigen kann. Eine Freigabe „Ab 6“ bedeutet also nicht, dass Grundschüler mit einem Titel tatsächlich Spaß haben. Aufbauspiele und Simulationen haben nur selten problematische Inhalte — für Kinder sind sie aber zu komplex.
Eltern, die auf der Suche nach passenden Spielen für ihre Kinder sind, brauchen daher noch andere Quellen. Die gibt es im Netz zum Beispiel beim Computerprojekt NRW, dem Magazin „Spielbar.de“, das die Bundeszentrale für politische Bildung betreibt, oder beim Projekt „Schau hin! Was dein Kind mit Medien macht“.
Kristin Langer, Medienpädagogin bei „Schau hin“, empfiehlt Eltern vor allem, gemeinsam mit den Kindern zu spielen — und zwar nicht nur, um sie zu schützen: „So sehen Sie, wie ihr Kind auf bestimmte Reize und Inhalte reagiert.“ Dabei geht es nicht nur um Blut und Schockeffekte: Manchen Kindern machen etwa Misserfolge oder Zeitdruck wenig aus, andere reagieren darauf mit Frust oder Stress.
Ein paar Grundregeln gelten aber bei allen Kindern, so die Expertin: „Ab etwa zehn Jahren entwickeln Kinder einen emotionalen Schutzpanzer gegen bestimmte Inhalte“, so die Experten. „Vorher kann zum Beispiel jede Form von Gewalt Kinder sehr verschrecken.“ Etwas Ältere sind dagegen in der Lage, sich davon zu distanzieren.
Begleitung durch die Eltern schützt auch vor anderen Risiken: Gerade Kinder sind anfällig für In-App-Käufe in sogenannten Free-to-Play-Spielen. Und in Onlinespielen, in denen Spieler miteinander konkurrieren oder aufeinander angewiesen sind, entstehen schnell soziale Zwänge wie Gruppendruck. Das muss nicht unbedingt schlecht sein: „Kinder können so auch lernen, mit diesen Situationen umzugehen“, so Langer. Im Idealfall lernen Kinder beim Spielen sogar noch mehr — von Fachwissen über ein Gefühl für eigene Tabus bis zur Fähigkeit, mediale Inhalte besser einzuschätzen. „Am Ende geht es ja darum, dass Kinder ein gesundes Verhältnis zu Spielen oder Medien allgemein entwickeln“, sagt Langer.
Dabei können die USK-Kennzeichen nur eine erste Orientierungshilfe sein. Beachten sollte man sie aber nicht nur, wenn man Kinder hat. Auch beim Verkauf gebrauchter Spiele sind sie wichtig, erklärt das Rechtsportal „iRights.info“: Ab 18 Jahren freigegebene Titel dürfen Minderjährigen zum Beispiel nicht zugänglich gemacht werden. Viele Plattformen verbieten den Handel damit deshalb gleich ganz — wer sich nicht daran hält, riskiert eine Abmahnung.
Noch strenger ist das Gesetz bei indizierten Spielen: Das sind Titel, die von der USK gar keine Freigabe erhalten und auf dem Index der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien (BPjM) landen. Wer sie ohne Alterskontrolle verkauft, macht sich eventuell sogar strafbar. Und damit nicht genug: Ärger kann es bei Spielen auf dem Index sogar geben, wenn man sie nur bewirbt. Schon ein paar lobende Worte in der Artikelbeschreibung sind da eventuell zu viel.