In den eigenen vier Wänden ist jeder sein eigener Herr. Für Wohnungseigentümer gilt das nur bedingt Eigentumswohnung: Fluch oder Segen?
In den eigenen vier Wänden ist jeder sein eigener Herr. Für Wohnungseigentümer gilt das nur bedingt. Sie müssen vieles mit der Eigentümergemeinschaft abstimmen. Was ist erlaubt – und wo liegen die Grenzen? Teil eins einer dreiteiligen Serie
Vermutlich ab Herbst 2020 werden sich Wohnungseigentümer an neues Recht halten müssen. Im Juli kommt das neue WEG-Gesetz erstmal im Bundesrat. Aber was gilt bis zu seiner Verabschiedung?
Am häufigsten gibt es Streit darüber, wenn etwas baulich verändert werden soll. Wer das vor hat, sollte einen Blick in die Teilungserklärung werfen – und zwar auch dann, wenn das innerhalb der eigenen vier Wände stattfinden soll. In der Teilungserklärung ist geregelt, wem in der Wohnungseigentümergemeinschaft was gehört. Kernpunkt ist die Differenzierung zwischen dem Eigentum aller, also dem Gemeinschaftseigentum und dem Eigentum der einzelnen Mitglieder, dem Sondereigentum.
Einige Bestandteile der Wohnung gehören nicht zum Sondereigentum, sondern zum Gemeinschaftseigentum, über das alle Eigentümer bestimmen dürfen. Will ein Eigentümer zum Beispiel die Wohnungstür oder Fenster von außen streichen, so müssen dem alle Miteigentümer zustimmen. Ohne Genehmigung der Eigentümergemeinschaft ist das Modernisieren oder Austauschen dieser Bestandteile nicht erlaubt.
Neben der Teilungserklärung gibt es die Gemeinschaftsordnung. Diese beiden Dokumente regeln das Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander und bestimmen, welchen Anteil jeder Eigentümer an der gesamten Gemeinschaft erhält. Diese Aufteilung wird im Grundbuch vermerkt, also in dem öffentlichen Verzeichnis, in dem die Eigentumsverhältnisse von Grundstücken geregelt sind.
Zum Sondereigentum gehören alle Räume innerhalb der Wohnung. Außerdem Deckenverkleidungen, Wand- und Fußbodenbeläge, Innenwände und -türen sowie sanitäre Anlagen. Wie schon beschrieben gehört die Wohnungstür zum Gemeinschafseigentum – und das sogar dann, wenn die Teilungserklärung etwas anderes vorsieht. Zum Gemeinschaftseigentum gehören das Grundstück, alle baulichen Teile, die für den Erhalt des Gebäudes erforderlich sind, etwa tragende Wände. Außerdem Treppenhäuser, Aufzüge, Dächer, Balkonteile, Estrich, Decken, Heizungsanlagen, Versorgungsleitungen bis zur Wohnung sowi in aller Regel auch Fenster und die Fensterrahmen.
Die Zeitschrift Finanztest hat zu dem Thema zwei Beispiele veröffentlicht. Beispiel 1: Die Bodenplatten von Balkonen gehören allen Wohnungseigentümern, ebenso wie Balkongitter. Müssen solche Gebäudeteile repariert werden, trägt in der Regel die gesamte Gemeinschaft die Kosten, auch wenn es um den Balkon eines einzelnen Eigentümers geht.
Beispiel 2: Kann ein Eigentümer seine Räume wegen durchfeuchteter Wände nicht nutzen, muss die Gemeinschaft die Schäden beseitigen lassen. Die Sanierungspflicht gilt auch für im Souterrain eines Altbaus liegende Räume, die laut Teilungserklärung als Büros oder Läden genutzt werden.
Im vergangenen Jahr hat der Bundesgerichtshof (BGH) ein Urteil gefällt, das zeigt, wie wichtig es ist, sich gut zu informieren. Dort ließ ein Wohnungseigentümer auf eigene Kosten Sanierungen am Gebäude vornehmen. Er ließ alte einfach verglaste Holzfenster in seiner Wohnung durch dreifach verglaste Kunststofffenster ersetzen.
Es stellte sich heraus, dass dafür eigentlich die Eigentümerschaft hätte aufkommen müssen. Er bat die Miteigentümer nachträglich zur Kasse – vergeblich. Der BGH verneinte einen Zahlungsanspruch – und das sogar für den Fall, dass der Eigentümer irrtümlicherweise angenommen hatte, für die Arbeiten verantwortlich zu sein. Die Gemeinschaft müsse vor unerwarteten Forderungen geschützt werden. Es sollen auch nur alle bezahlen müssen, wenn das Vorhaben zuvor gemeinsam beschlossen wurde. (AZ: V ZR 254/17)
Teil 2 der Serie lesen Sie in der nächsten Woche an dieser Stelle.