Neersen. Heute residiert der Willicher Bürgermeister im Schloss
Neersen. · Bis 1947 blieb das Schloss in Privatbesitz. Dann gehörte es erst dem Kreis Kempen-Krefeld, der es an das Deutsche Rote Kreuz verkaufte.
Ungeachtet der trostlos wirkenden Ruine, deren Anblick uns eine spätere Zeichnung vermittelt, kaufte der Mönchengladbacher Industrielle Gustav Klemme 1884 den Rest der alten Herrlichkeit und baute 1896 den Mitteltrakt und den Ostflügel wieder auf, während der Westflügel mit seinen beiden Türmen für mehr als ein Jahrhundert Ruine blieb.
Der um die Aufhellung des unverändert wechselhaften Schloss-Schicksals verdiente Peter Vander fasste die Folgezeit wie folgt zusammen: „Gustav Klemme starb 1914, sein Sohn blieb bis 1928 Eigentümer. Als die Rheinische Velvetfabrik in diesem Jahr ihre Tore schloss, wurde der gesamte Besitz einschließlich Schloss veräußert. Emil Crous aus Viersen kaufte das Gebäude für 120 000 Reichsmark und setzte es mit erheblichem Geldaufwand instand. Nach Kriegsende wurde das Schloss zunächst von der Besatzungsmacht genutzt – zunächst als Standort des Generalstabs der 6. Amerikanischen Panzer-Division (General Patton) und diente Gewerkschaftlern als Wohnsitz.
Die Stadt Willich übernahm
das Schloss vom DRK
Im Herbst 1947 erwarb der Kreis Kempen-Krefeld das Anwesen von Crous und richtete in ihm unter Leitung der aus dem Mutterhaus in Braunsberg/Ostpreußen ausgewiesenen Schwestern von der heiligen Katharina ein Kindererholungsheim ein. Im Frühjahr 1962 wurde das Gebäude an das Deutsche Rote Kreuz verkauft und diente als Ausbildungsstätte des DRK-Landesverbandes, vor allem für Helfer des Deutschen Entwicklungsdienstes. Am 1. Januar 1971 übernahm die Stadt Willich Schloss Neersen.“
Heute ist es als Sitz des Bürgermeisters Mittelpunkt der Stadt und mit den alljährlichen Sommerfestspielen zugleich ein besonderer kultureller Anziehungspunkt für die gesamte Region. In enger Abstimmung mit dem Landeskonservator des Landschaftsverbandes Rheinland wurde der bis dahin immer noch ruinöse Westflügel ab 1973 wieder aufgebaut. Im Sitzungssaal, in dem der Willicher Stadtrat tagt, konnte 1993 aufgrund des Entgegenkommens des Grafen von Nesselrode die spektakuläre Ahnengalerie bestehend aus 20 großformatigen Gemälden der Damen und Herren von Virmond aufgehängt werden.
So wird auch ein Dreiviertel-Jahrtausend nach der Erstnennung der Herren von Neersen der Rang von Schloss Neersen als eines der vornehmsten und wichtigsten Adelssitze des mittleren Niederrheins ins Bewusstsein gerufen. So viel Diskussion die heutige Nutzung des Schlosses vor einer Generation auslöste, mit so viel Genugtuung kann die Stadt Willich heute auf eine richtige und nachhaltige kommunalpolitische Entscheidung zurückblicken. plp