9/11-Museum: Debatte um das richtige Erinnern

Eröffnung des 9/11-Museums am Ground Zero sorgt vor allem bei Angehörigen für Diskussionen über Moral und Würde.

Foto: Archiv

New York. Am Ground Zero in New York hat ein Museum eröffnet. Es erinnert an die Menschen des 11. September 2001. An die Opfer und ihre Angehörigen, an Helfer und Retter. An das, was sich mit diesem Tag verändert hat. Aber die einwöchige Zeremonie am „National September Eleven Museum“ war von Misstönen begleitet. Eine Debatte um die richtige Erinnerungskultur?

Das scheint ein typisch europäisches, vor allem auch ein deutsches Thema zu sein. Für die US-Amerikaner, zumal für die New Yorker, gilt „together we stand“ — wir stehen zusammen. Aber dann kam die Voreröffnung des Museums Anfang der Woche: Geladene Gäste feierten das neue Gebäude, dessen Konzept und ein wenig sich selbst bei kleinen Häppchen und sprudelnden Getränken. Wenig angemessen findet das der ehemalige New Yorker Feuerwehrmann Joe Kisonas: „Ein Friedhof ist kein Ort für eine Cocktailparty.“

9/11-Museum in New York eingeweiht
46 Bilder

9/11-Museum in New York eingeweiht

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Das Museum liegt 20 Meter unter der Erde. Auf rund 10 000 Quadratmetern wird auf verschiedene Weise an den 11. September 2001 erinnert. Stahlträger der eingestürzten Türme ragen auf, ein demolierter Krankenwagen ist zu sehen, aber auch die Reste der verkohlten Kreditkarte eines der Opfer. Zum multimedialen Konzept gehören auch Aufzeichnungen von Telefonaten. Diese waren von im brennenden Turm eingeschlossenen Menschen mit ihren Angehörigen geführt worden. Die Eindringlichkeit dieser Tondokumente übersteigt die Wirkung des zu Sehenden um ein Vielfaches: Die Neugier des Betrachters weicht von einem Moment auf den anderen dem Erschrecken des Zuhörers.

Für viele passt ein Museumsshop daher nicht ins Bild. Die Schwester eines Opfers von 9/11 etwa macht ihrem Unmut darüber Luft: „Die bieten da auch Plüschtiere an. Das kann nicht sein.“ Tatsächlich wurde das Merchandising-Angebot der 9/11-Stiftung zur Museumseröffnung gezielt erweitert — unter anderem um eben diesen Stoff-Schäferhund mit Rettungsgeschirr.

Die US-Amerikaner, sonst allen Erinnerungsstücken gegenüber aufgeschlossen, reagieren in diesen Tagen sensibel. Das liegt nicht allein an 9/11 und dem Verlust der Unangreifbarkeit im eigenen Land. Vielmehr zweifelt man an der Wertschätzung des Staates gegenüber denen, die ihn schützen und verteidigen. So schüttelt derzeit ein Skandal die „Veterans Association“ (VA). Sie hat die Aufgabe, die gesundheitliche Versorgung ehemaliger Soldaten sicherzustellen. Statt diesen schnell Hilfe zukommen zu lassen, verweigerte die VA schwerstkranken Veteranen benötigte Behandlungen.

Sogar Präsident Barack Obama äußerte sich zu dem Skandal: „Ich werde diese Geschehnisse nicht weiter zulassen. Weder als Oberbefehlshaber, noch als amerikanischer Bürger.“ Ein dringend erforderliches Statement. Schließlich ist am Montag Memorial Day — Amerika ehrt und erinnert sich seiner Helden.